Vom Vermissen

Kann ich einmal nicht den Höhenweg radeln, weil ich Glätte befürchte an den steilen Stellen, vermisse ich ihn sofort.

Ich vermisse rechts das Schild mit der Aufschrift Landesgrenze und darunter dem Karee mit dem weißen Kreuz im kräftigen Rot neben dem Rechteck in Schwarz-Rot-Gelb .

Ich vermisse links den einfachen Brunnen aus rötlichem Stein, der da seit dem Jahr 1996 steht, „uff Aareegig vo Pro Schlipf“, wie die Gravur sagt, und die Holzpflöcke, die die für ihn geschaffene Lücke im Hügel rahmen, vermisse ich auch.

Ich vermisse rechts das Grasstück vor einer Hütte, auf dem im Frühjahr Krokusse sich empor wagen und später Narzissen üppig blühen und im Herbst Herbstzeitlose ihr Violett gegen das Braun des Herbstlaubs verteidigen.

Ich vermisse den Rosmarinbusch, der dort auch steht und ganzjährig sein kräftiges Grün bewahrt und den alten Baum, der das Grasstück auf der anderen Seite abschließt, den vermisse ich auch.

Ich vermisse den Blick auf den Chrischona-Hügel mit dem hoch in den Himmel ragenden Sendeturm darauf und der Kirchturmspitze, die man rechts daneben auch ausmachen kann. Und das Morgenlicht, das frei oder verborgen hinter dem Hügel aufsteigt, das vermisse ich auch.

Ich vermisse den Blick ins Tal, wo der Wiesentalbach eine gerade Straße bildet und wo eine Rauchfahne sich erhebt, immer weiß, manchmal wie festgefroren.

Ich vermisse die alten Holzlattenzäune, auf denen sich Moose und Flechten niedergelassen haben, und die Obstbäume dahinter, die jetzt kahl sind, bald aber ihre Säfte aktivieren werden.

Ich vermisse die Reihen der Stäbe und Drähte, an denen die Reben hinaufwachsen, rechts hügelab und links hügelan, und die Stapel des Rückschnitts, die zwischen den Reihen liegen, die vermisse ich auch.

Ich vermisse den Gedanken an die neuen Triebe, die kommen werden und an die Massen gelber Löwenzahnsterne, die dann zwischen den Reihen leuchten werden.

Ich vermisse die einfachen Holzhütten und die ausgebauten Chalets mit den umgebenden Gärten, die bald wieder zum Leben erwachen werden.

Ich vermisse die Glöckchen, die man Schafen umgebunden hat, die zu einem Grundstück rechts gehören, und den roten Traktor mit den gelben Felgen, der jetzt unter einer mattgrünen Plane verborgen ist, den vermisse ich auch.

Ich vermisse den tönernen Kopf, der seit Jahr und Tag an derselben Stelle liegt und den Blick immer gen Himmel richtet, nie zu mir.

Ich vermisse die ausgediente Schubkarre rechts, deren Bepflanzung nun in der Winterruhe ist, und die kleinen gelben Winterblüher links vermisse ich auch.

Ich vermisse die Ruhe auf dem Weg, bevor er sich ganz hinuntersenkt ins Wiesental und die Brücke hinüberführt in eine andere Welt.