Und dann und wann…

Was macht man, wenn einem nach einem beruflichen Termin beim Erholungsaufenthalt in der großen Buchhandlung dieses Notizbuch über den Weg läuft? Kleiner Tipp: in der Buchhandlung sind nun nur noch zwei solche Exemplare – und wie es scheint, haben die schwarzen Elefanten aus dem Mini-Text-Versuch des Vortages Anschluss an eine weiße Herde gefunden:

Ich will einfach nichts mehr erwarten müssen, sagte Elena, nachdem das Abendessen und siebenunddreißig Jahre vorbei waren, siebzehn davon am Esstisch aus amerikanischem Kirschholz, von dem sie jetzt die Krümel wischte. Sie betrachtete die Feuchte der kurvigen Streifen, die der Spüllappen auf der ruhigen Holzmaserung hinterlassen hatte, die Brotkrümel kitzelten ein wenig in ihrer Handfläche und Elena suchte auch in ihnen ein Muster, aber da war keines. Sie kippte die Krümel in den Biomülleimer und spürte der plötzlichen Leere in der linken Hohlhand nach, dann führte sie beide Hände zum Rücken, löste die Schleife der Schürze und zog sie aus. Sie hängte die Schürze an den Haken im Kämmerchen, das Gewebe war brüchig, an der Tasche aufgerissen. Elena mochte die Schürze nicht wegwerfen, auf den lindgrünen Stoff waren eine Menge schwarze Elefanten gedruckt, die munter marschierten, in den Zwischenräumen flatterten kleine Schmetterlinge, eine Freundin hatte die Schürze einmal von einem Kirchenbasar mitgebracht und Elena hatte meist zu dieser gegriffen. Nun ließ sie die Schürze im Dunkel der Putzkammer zurück, am Haken neben der burgunderroten, auf deren Tasche ein gefülltes Weinglas verlockend funkelte, nahm den Schlüsselbund in die Hand und öffnete die Haustür. Der Abend war lang und hell, ein leichter Windhauch kühlte Elena die Stirn und die Blätter der Platanen auf der anderen Seite der Straße erhoben flüsternd, aber klar ihre Stimme. Elena stieg hügelan, ließ an den Rebreihen die Hand über die zunehmende Prallheit der Weintrauben streichen, ein Stück weiter oben beim Trampelpfad kitzelte hochgewachsenes Gras ihre Kniekehlen, die Abendsonne wärmte ihre linke Wange und Elena grüßte hinüber zu zwei Jungs, die im Geäst eines wilden Kirschbaums saßen und ihr zuriefen, ob sie auch von den ersten reifen Früchten probieren wolle, sie seien schon süß. Ich lasse sie euch, lachte Elena, dachte an die Weißorgie der üppigen Kirschbaumblüte des Frühjahrs und setzte ihren Weg hügelan zügig fort.

Dritter Sonntag nach Trinitatis

Der im Herrnhuter Losungsbüchlein für heute vorgeschlagene Psalm ist der 103. Der Psalm hat 22 Verse.

Ich zitiere nach der Elberfelder Übersetzung die Verse 15 und 16, die sich mit der Vergänglichkeit beschäftigen:

Der Mensch – wie Gras sind seine Tage, wie die Blume des Feldes, so blüht er. Denn fährt ein Wind darüber, so ist sie nicht mehr, und ihr Ort kennt sie nicht mehr.

Und die Verse 2, 5 und 17a, die auf die in Ewigkeiten reichende Sättigung weisen:

Preise den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht alle seine Wohltaten! Der mit Gutem sättigt dein Leben. Deine Jugend erneuert sich wie bei einem Adler. Die Gnade des HERRN währt von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Schwarzwald schnuppern

Hemingway und seinen Forellen sind wir nicht begegnet, schließlich waren wir auch in einem anderen Schwarzwaldtal unterwegs, aber uns ist bekannt, warum es außer der Nachbildung des Honigschleckers aus der Klosterkirche Birnau auch eine Figur des Hl. Bernhard von Clairvaux (1090-1153) ins Bienenkunde-Museum geschafft hat – wurde er doch Doctor mellifluus (honigfließender Lehrer) genannt. Als wir letzteres erwähnen, während wir dem im Herrgottswinkel sitzenden Hüter des Museums die Eintrittskarten von der Rolle abnehmen und die ihn umgebenden ersten von 1500 Exponaten sehen, bringen wir auch seine Rede in weiteres Fließen und aus einem auf dem Tisch stehenden Glasschälchen bietet er uns genügend mit Milch und Honig gefüllte Bonbons an, die kleine Honigschlecker nur allzu gern aus dem wabenbedruckten gelben Bonbonpapier wickeln. So gestärkt sind die 800 Quadratmeter Ausstellungsfläche im „weltweit größten Museum seiner Art – mit kleiner Kultur- und Heimatkunde“ gut zu durchlaufen und wir bewundern nicht nur die alte weltweite Geschichte der Bienenzucht und die Arbeitsteilung, Organisations- und Baukunst der Bienenvölker, sondern auch die liebevolle und informative Gestaltung der zwölf Museumsräume und den uneigennützigen ehrenamtlichen Einsatz der betreuenden Imkerfamilien. Und dann schwärmt nicht nur der Museumshüter, sondern auch ein lebendes Bienenvolk im Schaukasten und wir finden die (markierte) Königin und das bringt die kleinen Honigschlecker dann auch noch zum großen Schwärmen. Wie wichtig Bestäuben ist, damit etwas blühen und Frucht tragen kann, war uns bereits bekannt, im Schwarzwaldtal wurde es uns bildhaft vor Augen geführt und so stimmen wir ein in den in schönen Lettern geschriebenen Appell: „Schützt die Bienen!“

https://www.bienenkundemuseum.de

Sotto le stelle oder Sommerfreuden 2

An den Mittwochabenden wehen nicht nur Klänge durch den Garten der Fondation Beyeler, sondern das Museum hält auch seine Innenräume geöffnet für die Sommerausstellung, die diesmal in Zusammenarbeit mit der Künstlerin verwirklicht wurde und mit etwa 90 Werken einen Ein- und Überblick erlaubt über ihr bereits rund sechs Jahrzehnte währendes kreatives Schaffen. Vija Celmins wurde 1938 im lettischen Riga geboren, floh 1944 mit ihrer Familie nach Deutschland, wo sie in einem Flüchtlingslager in Esslingen am Neckar lebte, bevor die Familie 1949 in die Vereinigten Staaten zog. Dort studierte Vija Celmins in Indianapolis Kunst und lebte später auch in Venice/Kalifornien, wo sie begann, die Oberfläche des Ozeans zum Motiv ihrer Gemälde und Zeichnungen zu machen.

Der Schneemann steht im Garten der Fondation im kühlen Gehäuse und ich beschließe, seinem Hinweis zu folgen, das kühle Gehäuse des Museums aufzusuchen und die Atmosphären des Sound Garden aus einer Innenperspektive zu erfassen. Zumal die Ausstellung eine Annäherung an das Geheimnis des Kosmos verspricht, und zwar nicht nur durch Celmins meisterhafte Darstellungen von Sternenhimmeln, sondern auch durch ebenso detailreiche und technisch anspruchsvolle Bilder von Schneeflocken, die hell leuchtend vor nachtschwarzem Himmel fallen. Es sind Vija Celmins aktuellste und großformatigste Gemälde, die im letzten der neun Säle diesen flüchtigen Wirklichkeitsausschnitt des Schneefalls festhalten und ihm eine zeitlose, stille Dauer geben. Die nächtlichen Sternenhimmel in mehreren Sälen vermitteln neben dem Gefühl der Zeitlosigkeit auch das der Grenzenlosigkeit und initiieren ein kontemplatives Sehen; der Prozess ihrer Herstellung erforderte Präzision und Geduld, jeweils über Monate, ja bisweilen Jahre arbeitete Celmins an ihnen, bei den Ölgemälden trug sie die dunkle Farbe in Schichten auf und schliff sie jeweils wieder zu einer glatten Fläche ab, wobei jeder einzelne Stern zunächst mit einem Tropfen Flüssiggummi bedeckt war, bevor dieser abgeschabt und mit feinsten Pinseln die Stelle ausgearbeitet wurde, wie ich den Erläuterungen des Begleitheftchens entnehmen kann.

Die letzten Gemälde der Ausstellung datieren aus 2024, Saal 1 zeigt Arbeiten aus 1964 wie die Tischlampe, die ihre doppelten Stielaugen auf den Betrachter richtet und damit metaphorisch für das zentrale Movens von Celmins Kunst steht: das aufmerksame Schauen. Dieses genaue Schauen galt in der Frühphase den die Künstlerin umgebenden Alltagsgegenständen.

Auch in Wüsten hat Vija Celmins genau geschaut und intendiert, den gefundenen Objekten durch exakte Nachahmung nahe zu kommen. So im Werk „To Fix the Image in Memory I-XI” (1977-1982), das elf Steinpaare versammelt: die gefundenen Natursteine und ihre Kunstkopien aus bemalter Bronze.

Ob auf genau gezeichnete Meeresbewegung oder auf perfekte Steinkopien, ob in die Weiten der Sternenhimmel oder ins stete sachte Fallen der Schneeflocken, ich schaue und staune, und als ich das Museumsgebäude verlasse, verklingen im Gartenpavillon die letzten Töne des zweiten Sound Garden, ich grüße zur Linken den Snowman in seinem Gehäuse und danke ihm für seinen Hinweis.

(Die Ausstellung Vija Celmins ist in der Fondation Beyeler, CH-Riehen noch zu sehen bis 21.September 2025)

Lux perpetua im Burghof – Review

Weiß sie noch, wo sie ist? Und wann sie ist? Sie steht in der judäischen Wüste im frühen Morgenlicht, noch ist es kühl. Nein, jetzt blickt sie auf die Säulen Salomons in der Negev-Wüste und warm streicht die Luft über ihren Arm. Sie sitzt in ägyptischem Wüstensand und verliert sich in die Weiten des Sternenhimmels, die Nacht dunkel wie nie, die Sterne so klar und in solcher Zahl wie kaum jemals. Um ein Wort, das bleibt in die Ewigkeit hinein, geht es in der Losung, die man ihr gegeben hat für das Jahr. Sie hört ein Flüstern, flüstert selbst, kommt das nicht aus den Urgründen des Zweistromlands? Und formt es sich nicht jetzt zu Worten, die das Licht in sich tragen: Frieden, Versöhnung?!

Virtuos haben die MusikerInnen des asambura Ensembles Klangwelten erstehen lassen, in denen sich Zeit und Raum auflösen und die eine Ahnung wecken von Dimensionen, die über menschliches Denken und Fühlen hinausreichen und doch seit Jahrhunderten Einzug in Texte und Musik verschiedener Religionen und Kulturen finden. Nicht alltägliche Instrumente, z.B. die syrisch-arabische Oud, die persisch-iranische Kamanche (Stachelgeige) oder das „Glockenspiel“ einer Celesta entwickelten die klanglichen Perspektiven ebenso wie die eher bekannten Instrumente (Flöte, Geige, Klarinette etc.), denen aber zum Teil ungewohnte Tongebung entlockt wurde, Schnauben, Kratzen, tonloses Anblasen. Der Kinder- und Jugendchor sowie der Motettenchor Lörrach folgten unter der so präzisen, konzentrierten, geduldigen wie vielfach inspirierten und inspirierenden Leitung von Joss Reinicke und Maximilian Guth mit gelingender Intensität in die kompositorische Neudeutung von Mozarts Requiem-Fragment: Lux perpetua – ein vielfältig kulturelles Requiem über Ewigkeit.

Bleibt zu hoffen, dass dies zwar die erste, aber nicht die letzte Zusammenarbeit des Motettenchores mit dem asambura Ensemle war!

https://asambura-ensemble.de

https://www.jossreinicke.com

https://maximilianguth.com

https://motettenchor-loerrach.de

https://www.kinderchorloerrach.com

Die Tafelrunde

Dann und wann erhalte ich schöne Geschenke. Zum Beispiel am 12.April 2025 in Sent direkt von den Herausgebern das Buch „Tafelrunde – Schriftsteller kochen für ihre Freunde“, ein erzählendes Kochbuch mit – wie im Klappentext erläutert – Rezepten, die einerseits ungewöhnlich sind und sich andererseits leicht nachkochen lassen, vor allem aber viel aussagen über ihren Verfasser. Gegendert wird weder im Klappentext noch im Titel, aber natürlich sind nicht nur „Lieblingsrezepte von 37 namhaften Schriftstellern“ versammelt, sondern auch namhafte Autorinnen „erzählen…ganz persönliche Geschichten über die Zubereitung der einzelnen Gerichte und ihre Erlebnisse beim Kochen“ (mehr als die Hälfte im Übrigen). Terézia Mora z.B. bereitet eine Hirn- mit- Nier’n- Suppe, Katrin de Vries lieber eine Möhren- Ingwer-Karotten-Suppe, Barbara Spengler-Axiopoulos Überbackene Riesenbohnen und geschmorte Quitten, Olga Grjasnowa folgt Mutters Küche mit einem Menü aus Aserbaidschan, bei Eva Menasse wird es süß mit Susi-Torte.  Bei Alain Claude Sulzer (geb.1953 in Basel – so stehts in der Kurzvita – richtiger wäre Riehen) hingegen ist Italien zu Hause, mich wundert nur, dass er für die Saltimbocche Schweinefilet verwendet, begeistert bin ich aber davon, dass ihm „die Lust am Kochen noch nicht vergangen ist“ und dass er nicht nur „pedantisch genau nach Rezept, wie Julian Barnes es empfiehlt“ kocht, sondern auch seiner „Phantasie freien Lauf“ lässt oder in seinen Erinnerungen blättert (Julian Barnes: Fein gehackt und grob gewürfelt. Der Pedant in der Küche. Köln 2004; als KiWi-Taschenbuch 2012). Natürlich ist mir auch (nicht nur aus beruflichen Gründen) sehr lieb, dass Alain Claude Sulzer bei der Zubereitung seiner mehrgängigen Menüs an die „gastrische Aufnahmefähigkeit“ seiner Gäste denkt und die Dosis der einzelnen Speisen genauestens austariert (wie sagte doch schon der Schweizer Arzt, Alchemist, Sozialethiker etc. Theophrastus Bombast von Hohenheim, genannt Paracelsus:  Allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei).

Manfred Koch (geb.1955) hat dem erzählenden Kochbuch ein Nachwort geschrieben: „Die Tafelrunden der Klassiker. Vom Appetit, den Tischgesellschaften und der Essphilosophie Goethes und Kants.“

Über das Buchgeschenk habe ich mich besonders gefreut, weil ich das Buch vor Jahren bereits einmal selbst erworben, dann aber verschenkt hatte (gedämpft war die Freude nur dadurch, dass Angelika Overath und Manfred Koch, die Ideen- und Herausgeber, dem Verlag Lagerbestände des Buches  hatten abnehmen müssen). Meine „Senter Lektüren“ werde ich in der Schreibschule von Angelika Overath und Manfred Koch Anfang Oktober fortsetzen – noch eine Freude!

(Tafelrunde. Schriftsteller kochen für ihre Freunde. Hrsg. von Angelika Overath, Manfred Koch und Silvia Overath. Luchterhand Literaturverlag München, 3.Aufl.2012)

https://www.deutschlandfunk.de/alain-claude-sulze-zu-haydn-eine-literarische-sinfonie-100.html?sfnsn=scwspmo

Weil man das Wort notfalls auch rückwärts lesen kann

ist die Antwort auf welche Frage? Na?  

Die Frage lautet: Warum heißen Rentner Rentner ?

Oder (was das Netz auch hergibt): egal, wie rum du es drehst: endlich Rentner!  Das lässt sich probieren. Das Drehen meine ich. Hm. Im Plural funktioniert das auch, soviel steht fest.

Ein lateinisches Wort liegt zugrunde, das zurückgeben/erstatten bedeutet. Das Wort wurde in derselben Bedeutung ins Französische übernommen, im Mittelhochdeutschen ist es offenbar als Lehnwort „rente“ 1262 erstmals in Köln aufgetaucht und im Sinne von Miete verwendet worden.

Das digitale Wörterbuch der deutschen Sprache erklärt zu Rentner, der:  jmd., der aufgrund von Rechtsansprüchen durch bisher geleistete Arbeit eine Rente bezieht (und nicht im Arbeitsprozess steht).

Der groß gewordene Jemand fragt: Hä, wie geht das denn? Nicht mehr arbeiten und doch arbeiten? Und er runzelt ein bisschen seine helle Stirn, als die nonna ihm erklärt, was das neue Wort bedeutet und erzählt, dass sie aber schon in zwei Tagen wieder einen Ausflug zum Bürokalender machen muss.

Der nonna ist aber jetzt klar geworden, wie das geht!  Es muss daran liegen, dass man die weibliche Form des Wortes weder drehen noch rückwärts lesen kann!

(was kommt denn raus, wenn man es doch probiert? Hören wir mal hin: Ni Rentner!)

Quattordici

Vierzehn bin ich, sagt das Mädchen dem jungen Italiener. Das Mädchen sagt das auf Italienisch und der junge Italiener ist verwundert und fragt das Mädchen, ob es Italienisch kann. Nach dem Namen des Mädchens hat er auf Englisch gefragt, dann aber nicht weiter gewusst, als das Mädchen auf Englisch nachhakt, warum er das wissen will. Lieber zählt der junge Italiener sämtliche Campingplätze und Hotels des Ortes am Meer hintereinander auf, das kann er gut, das Mädchen hört sich die Aufzählung an und gibt schließlich den Namen des Hotels preis. Un poco, antwortet es auf die Frage nach den Italienisch-Kenntnissen, dann sagt es Ciao und notiert später, der Stadtbummel ist etwas unplanmäßig verlaufen.

Ein paar Tage zuvor ist das Mädchen angekommen, wir liegen jetzt auf unseren Betten im Hotel C., Zimmer 209, schreibt es gleich auf, es ist 2 Uhr nachts, in Deutschland ist es jetzt 1 Uhr, hier ist Sommerzeit, eine Stunde später. Vor dem San Bernardino-Tunnel hat das Mädchen Schinken-Sandwiches gegessen, in Lugano einen Film gekauft und mit Blick auf den See ein Orangina getrunken, und im Hotelbett liegend freut es sich auf den nächsten Morgen, wenn es ans Meer kann.

Ein Stück des Meeres ist durch Steinwälle abgetrennt, damit nicht zu große Wellen kommen, stellt das Mädchen fest, dazwischen sind aber Öffnungen, durch die man hinausschwimmen oder mit dem Boot hinausfahren kann. Das tut man auch, man fährt Tretboot, die Tretboote sind hier toll, notiert das Mädchen, sie sind groß, vorne sind zwei Sitze und hinten noch eine große Fläche zum Sitzen, Liegen oder Stehen.

Das Mädchen fährt aufs offene Meer hinaus mit einer Freundin, die vom Heimatort gekommen ist, und es erklärt das einem jungen Franzosen, der die Beiden bei den Umkleidekabinen abgepasst hat, denn dem Mädchen fällt zum Glück ein, was Boot auf Französisch heißt.

Die junge Strandgesellschaft vergrößert sich, eine Italienerin, drei Deutsche, ein Franzose – kein Wunder, dass wir nicht allzu viel sprechen, schreibt das Mädchen auf, aber die Italienerin fängt an, jemanden nass zu spritzen und dann ist es schön salzig, als jeder jeden nass spritzt und der Franzose und die beiden Mädchen schwimmen bis zu den Steinwällen und setzen sich dort hin.

Abends leihen die Mädchen ein tolles Gefährt, ein Fahrrad, bei dem man zu dritt nebeneinander sitzt und über sich ein Dach hat. Sie fahren durch die Straßen des Ortes am Meer und begegnen dem Treppler. Der junge Treppler sitzt im Hotel am Nachbartisch, redet ein sagenhaft breites Schwäbisch und will nicht Fahrrad fahren, er leiht immer ein Mofa, weil er da nicht trepple braucht – was treten bedeuten soll, notiert das Mädchen im heißen Sommer 1973.

Zweiter Sonntag nach Trinitatis

Ich zitiere aus dem im Herrnhuter Losungsbüchlein vorgeschlagenen Psalm 12 und aus dem dort empfohlenen Predigttext Jesaja 55 (nach der Elberfelder Übersetzung):

Auf, ihr Durstigen, alle, kommt zum Wasser! (Jes.55,1a)

Wegen der gewalttätigen Behandlung der Elenden, wegen des Seufzens der Armen will ich nun aufstehen, spricht der HERR; ich will in Sicherheit stellen den, gegen den man schnaubt. (Ps.12,6)