Das Schwarzwalddorf

Jetzt habe ich es wieder nicht geschafft. Zum Hausacher LeseLenz zu fahren, meine ich. Seit Jahren steht das auf meiner inneren Liste. Poet(h)ische Visionen war und ist noch der Titel, denn es folgt ein Teil 2 Anfang November.

Hausach (alemannisch Hûse) ist eine Stadt im Kinzigtal im Schwarzwald im Ortenaukreis in Baden-Württemberg – so steht es bei Wikipedia geschrieben –  und wir durchfuhren es früher immer auf der B 294, in die gerade dort die B 33 einmündet, von der wir gekommen waren. Wir passierten es auf der Fahrt zu den anderen Großeltern, den Großeltern väterlicherseits, die im Saarland wohnten. In einer Kurve hing vor einer Hauswand ein Charakteristikum: geflochtene Körbe in Übergröße warteten darauf, von uns bemerkt und besprochen zu werden, kaum dass wir sie erblickten. Haben wir jemals angehalten und einen Korb in Normalgröße erworben? Ich weiß es nicht mehr, wir hatten aber solch geflochtene Körbe im Elternhaus.

Zu meinem Geburtstag 2010 bekam ich „Mein andalusisches Schwarzwalddorf“ geschenkt, der edition suhrkamp-Band enthält Essays des in Hausach beheimateten José F.A.Oliver, jemand war in NRW bei einer seiner Lesungen gewesen und hatte ein signiertes Exemplar für mich erworben. Gestern Abend zog ich das Buch aus dem Regal, die Zeitungsartikel fielen mir entgegen, ich blätterte darin herum – was hatte ich damals beim Lesen markiert:

„Manchmal denke ich, dass wir einander nur näherkommen können, wenn die inneren Bücher ausgepackt werden. Gelesen, vorgelesen, erzählt sind. Die Einbände und die Titel alleine genügen nicht. …  Und doch ist das alles zu wenig – wenngleich auch schon sehr viel, das uns Aufhorchen machen könnte. Es sind die Hüte, die erzählt sein müssen. Die Köpfe, die sie bedecken. Die Zehenspitzen wären zu übersetzen, das scheue Lächeln davor, die Haltung, die sich darin offenbart…“

(edition suhrkamp Nr.2487, Suhrkamp-V., Frankfurt a.M. 2007)

Die Porzellanputte

Eine große Müdigkeit am Abend.

Menschen treten aus Worten und Bildern heraus und sind um dich herum. Kinder mit dicken Zöpfen und Mittelscheiteln lächeln dir entgegen, in ihren Pupillen spielt der Lichtreflex, man war beim Fotografen, drei Kinder, dann vier. Die dunkle Krawatte mit schrägen Streifen ist um den weißen Stehkragen geschlungen, dann markiert eine gepunktete Fliege die Öffnung der Stelle, die der oberste Hemdknopf schließt, eine hohe Stirn dehnt sich nun nach hinten.

Ein Ehepaar sitzt auf einem Stein im Wald, einander zugewandt, die Blicke ineinander getaucht, sie im hellen Kleid, er mit Weste und Krawatte, der schwarze Anzug verbirgt das versehrte Bein, auf dem seine rechte Hand liegt, die ihre Linke lose und sicher umschließt. Das Ehepaar sitzt auf einer hellen Holzbank, die Frau lächelt zum Betrachter, der Mann mit den schön geschwungenen Lippen blickt in die Ferne, das Weiß des steifen Hemdes strahlt über dem Dunkel des Anzugs, die Krawatte steckt in der Weste, sein linker Unterarm ruht auf dem versehrten Bein, der rechte lehnt locker hinter der Frau. Das Ehepaar steht auf dem Balkon, sie hat die Linke auf die hölzerne Brüstung gelegt, das Sommerkostüm schimmert in Gold und Schwarz, seine rechte Hand ruht in der Hosentasche, der oberste Knopf des Polopullovers ist geöffnet, seine Nasenspitze zeigt auf die Stelle, wo Sonnenreflexe ihr hochgestecktes graues Haar berühren, sie schauen gemeinsam hinab und nicht zum Wald, der sein Dunkel behalten will.

Die schweren Eichenholzmöbel mit den gedrechselten Säulen, die so oft umzogen und immer wieder Heimat fanden, bis sie gedrängt im fremden Keller standen, verlassen von den Menschen. Die nun unter dem Holzkreuz mit den geschnitzten Evangelistensymbolen liegen. Nein, wie können sie dort sein. Selbst das Holzkreuz ist nicht mehr zu finden, auf dem Friedhof, der sein Grün hinüberdehnt zur Baar.

Goldrandgeschirr auf weißer Tischdecke mit Hohlsaum, die Tischdecke liegt auf dem Eichenholztisch, von dem die Schreibmaschine weichen musste, wir sitzen und reden und lachen, das Silbertablett leert sich vom Zwetschgenkuchen, die vier Apostel blinzeln herüber, Gotthilf, nicht noch ein Stück, du weißt doch…!

Auf der Kredenz mildert ein geschwungenes Weiß der Blumenschale das hölzerne Dunkel und die Porzellanputte versucht tapfer, mit patschigen Kinderfüßchen beim Tanz auf der goldenen Kugel die Balance zu halten.

Abteilung für Kunst, lese ich in hellem Türkis, als ich nun unter den Sockel schaue, Hutschenreuther, Selb Bavaria.

Am Regentag

sichte ich alte Familienpost und packe sie ein.

Ich wage es mit dem Vertrauen in die DB.

Und mache wegen Recherche Familiengeschichte eine kurze Blog-Pause.

Der nächste Eintrag ist vorgesehen für den 26.August.

Die Schwarzwaldmarie

ist über die Maßen begehrt, alle, aber auch wirklich alle wollen sie haben samt ihrem roten Bollenhut, der sie als noch zu haben auszeichnet und samt der Schwarzwälder Kirschtorte (ich hoffe, es geht nicht nur um die Kirschtorte). Schlange sind die Verehrer- und Innen gestanden und dann wurden sie enttäuscht, denn sie war nicht mehr zu haben, obwohl man sie 70 000- fach vervielfältigt hat, sogar der online-Shop war vor ihr in die Knie gegangen. Und nun? Ich will es auch, das Bollenhut-Mädle, das laut der Sprecherin der Schwarzwald Tourismus Gesellschaft für viele Menschen ein Herzensthema ist und für die Liebe zum Schwarzwald und seinen Traditionen steht. Da kann ich nur hoffen, dass ich bei der Playmobil-Nachproduktion rechtzeitig am Start bin und mit der Marie auch noch das Rezept für die Schwarzwälder Kirschtorte ergattere, das der Konditormeister Georg Klumpp vom Café am Eck in Baiersbronn in jede Packung steckt, in Baiersbronn stehen nämlich meine Großeltern auf dem Balkon und winken zur Ankunft und zum Abschied  – ach nein, da habe ich mich, glaube ich, in der Zeitform vertan.

Bis ich die Schwarzwaldmarie umarmen kann, tröste ich mich mit der Literarischen Reise durch Breisgau und Hochschwarzwald; Herzkammern heißt das im Herder-Verlag erschienene Buch, Thomas Schmidt und Felix Schiller haben es herausgegeben und als Erstes schaue ich, was Iris Wolff im Beitrag „Stein, Blattgrün und Wasserschleier“ zu Marie Luise Kaschnitz und Bollschweil geschrieben hat, denn sie hat wie ich die Kaschnitz-Ausstellung „Herzkammer der Heimat“ im Bollschweiler Rathaus besucht. Und dann zeigt mir Instagram auch noch in einer Story der Autorin (die Lektüre ihres Romans Lichtungen habe ich vor wenigen Tagen beendet), dass sie in einem neuen Buch des Panima-Verlages „Frauenperspektiven. Freiburg im Südschwarzwald“ einen Text zu ihrem Lieblingsort Lorettodamenbad beigetragen hat und da weiß ich, dass ich nicht nur ein weiteres Buch erwerben, sondern auch endlich einmal das Freiburger Lorettobad aufsuchen muss, in dem ich tatsächlich noch nie war. Das Herder-Buch begibt sich auf viele sehr schöne, auch mir nicht bekannte literarische Pfade, es wird eine Freude sein, sie zu begehen, auf den Seiten und vor Ort (allen Empfehlungen zum Weiterlesen, die den Kapiteln angehängt sind, wird man aber wohl nicht folgen können). Gerade sehe ich noch, dass auf einer Bildunterschrift Johann Peter Hebel mit einem seiner schönsten Mundartgedichte erwähnt ist „Die Wiese“.

(Buch: Herzkammern. Eine literarische Reise durch Breisgau und Hochschwarzwald. Hrsg. von Thomas Schmidt und Felix Schiller in Verbindung mit dem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Herder-V. Freiburg, Basel, Wien 2025)

Baden-Württemberg: Sonderfigur ist ein Renner: „Schwarzwald Marie“ vielerorts schon ausverkauft | tagesschau.de

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Das Gartenbad oder Sommerfreuden 7

Ich habe ein Gartenbad. Eines, um das ich mich nicht kümmern muss. Es ist einfach da, bereit für mich und nah, kaum fünf Minuten Wegezeit. In dem Bad kann man zugleich auf einer Wiese und neben der Wiese lagern, jener Wiese, über die Johann Peter Hebel ein Langgedicht geschrieben hat. Früher war das Bad gegenüber, auf der anderen Seite der Straße, dort, wo jetzt wenige Autos und viele Zweiräder parkieren können, neben einer Tischtennisplatte und dem Beachvolleyballplatz. Damals plantschten die noch kleinen Kinder im blaugestrichenen Becken, jetzt sehe ich, wie ein Wind, der ein Meeresversprechen mit sich führt, die Kronen noch derselben Bäume bewegt, aber es sind andere Blätter. Das Bad hat eine Wandlung erfahren, es verschmilzt mit der Natur, die Architekten Herzog & de Meuron imaginierten die Metamorphose, unbehandeltes Lärchenholz hegt das Areal ein und bildet die Hülle für Café, Garderoben und Kasse, auf Holzbohlenstegen laufe ich zu den Becken, die Teichen gleichen. Schilfgräser wiegen sich dort und kleine Kieselsteine schmiegen sich an große, zeigen weiße Adern auf dem Grau oder das Fleckenmuster von Möweneiern, seltene Exemplare probieren einen Hauch Rosé. Von veralgten Stufen gleite ich ins dunkle Grün des Wassers, schwimme gemächlich die fünfundzwanzig Meter hin und wieder her, da capo, mit leichten Variationen des Tempos, die Sportliche mit Schwimmbrille neben mir überholt mich mehrfach, sieht sie die Seerosen am Rand, bei denen ich jetzt stoppe, ich kann nicht wie eine Nymphe zwischen ihnen schweben, das verhindert die Unterwassermauer, aber meine gespreizte Hand findet einen genau umzirkelten Platz auf dem festen, glatten Blattteller. Ich verlasse das Becken, über die Wiese rennen Kinderfüßchen, auf Zehen leuchtet Nagellack, über Knöcheln flattern dauerhaft Schmetterlinge und schwarze Socken verhüllen Herrenfüße. Ein hölzerner Sprungturm dämpft repetitives Platschen, Zwölfjährige geben mit lauten Mama-Rufen ihre Position durch und ein Aufseher mit neongelbem Shirt dämpft jugendlichen Übermut, während die Delphine auf seinen Waden munter spielen. Nach und nach legt sich das Cremeweiß der großen Schattenspender in Falten, es folgt den Kurbelbewegungen der Wärter, auf der kurzen breiten Wasserrutsche folgen aber noch viele der vorgeschriebenen Rutschposition. Vor dem begrünten Zaun Richtung Wiesentalbach blickt eine junge Frau kurz aus dem Liegestuhl und von ihrer Lektüre auf, als ich auf bloßen Füßen vorübergehe, ein bronzener Pelikan verharrt in seiner Stellung neben den Stufen zum Nichtschwimmerbecken, sein Haupt glänzt golden, abgegriffen wie der Fuß des Petrus im Petersdom. Die Dachterrasse des Lärchengehäuses darf nur von Erwachsenen betreten werden, ich komme dem Stummel der Rehberger-Kuckucksuhr ganz nah, das Rund des Zifferblattes fehlt, der Kuckuck ist seit Langem verstummt, eine blaue Plastikplane verhüllt das Amputat, ein paar Elektrodrähte ragen in den Abendhimmel, an dem sich gerade eine Wolke zur Krabbenschere formiert. Auf der gegenüberliegenden Seite der Straße spielen sie noch Beachvolleyball, andere lösen ihre Räder von den Ständern, Autotüren schlagen zu, im Bad ebben die Geräusche ab, der Wind greift in die Blätter und die kleinen Schweizer Fähnchen, die im umgewidmeten Holzfass der Fuchsie Gesellschaft leisten, wedeln schon ein wenig müde.

Langer Ausflug nach Crans-Montana

In Begleitung von Ferdinand Hodler (1853-1918) Sommerbergluft genießen, die Farben inhalieren, die Wolkentürme bestaunen, die wehen Füße im klaren Gewässer erfrischen. Und erreichen mich da nicht ein paar Moleküle vom Sommerparfum der Bergkräuter?

Auf dem Weg zur S-Bahn (noch kein E-Bike möglich, ich vermisse meinen Höhenweg) überraschen herrenlose (stimmt wohl) Schuhe im Gestrüpp neben dem Bahngleis (1 Paar hellgraue Sneaker, 1 schwarzer Lederschuh, 1 Paar blaue Schlappen, gelb abgesetzt). Was ist ihnen geschehen? Wollen sie mit nach Crans-Montana?

Das graue Pflaster schmückt sich mit Ketten, die eine Morgensonne ihm schenkt. Auf dem Balkon des zweiten Stockwerks im Haus auf der anderen Straßenseite tritt ein durchtrainierter junger dunkelhaariger Mann ans geschwungene schmiedeiserne Geländer, mit bloßem Oberkörper. Schaut entspannt auf den Bahnhof und darüber hinweg, beginnt zu rauchen.

Vor der Agentur für Arbeit bekommt ein Wartender einen Hustenanfall, heftig, laut, produktiv (klingt nach chronischer Raucherbronchitis), spuckt das Produzierte aus (das verbietet kein Schild). Der käme auch besser mal mit in die Sommerbergluft von Crans-Montana.

Neunter Sonntag nach Trinitatis

Die Tageslosung, die die Herrnhuter Brüdergemeine für den heutigen Sonntag gezogen hat, ist der Vers 10 aus Psalm 90 (der überschrieben ist mit „Ein Gebet von Mose, dem Mann Gottes“):

Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hochkommt, so sind’s achtzig Jahre, und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon.

Nach der Elberfelder Übersetzung klingt das dann so:

Die Tage unserer Jahre sind siebzig Jahre, und, wenn in Kraft, achtzig Jahre, und ihr Stolz ist Mühe und Nichtigkeit, denn schnell eilt es vorüber, und wir fliegen dahin.

Im in den Losungen dazu gewählten neutestamentlichen Text Philipper 3,10 geht es darum, Christus zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung.

Gestern, am 16.August 2025 jährte sich der Todestag von Frère Roger, dem Gründer von Taizé, zum 20.Mal. Er war bereits 90 Jahre alt, als er während des Abendgebets in Taizé von einer geistig verwirrten Frau erstochen wurde. Ich habe Frère Roger wiederholt erlebt, in Taizé, in Paris, in Rom und auch während des Katholikentages 14./15.September 1978 im Freiburger Münster, wozu ich notierte: „Beim Hinausgehen nimmt er sich viel Zeit, um den Menschen segnend die Hand zu reichen oder ein paar Worte mit ihnen zu sprechen – gleichsam, als wolle er ihnen leibhaftig die Liebe Gottes weitergeben und als wolle er ihnen die Wahrheit der Katholikentagslosung ‚Ich will euch Zukunft und Hoffnung geben‚ verinnerlichen – so auch mir.“

Nastassja Kinski

Außer den Filmen von und über Wim Wenders (zu dessen 80.Geburtstag am 14.August) findet man in der Arte Mediathek derzeit auch eine Dokumentation über die inzwischen 64-jährige Nastassja Kinski, die 1974 als damals 13-Jährige von Wim Wenders entdeckt wurde und 10 Jahre später durch Wenders‘ mit der goldenen Palme ausgezeichneten Film Paris, Texas zur Ikone wurde. Sehr bekannt war die Tochter von Klaus Kinski bereits im Alter von 18 Jahren mit ihrer Rolle in Roman Polanskis „Tess“geworden, wofür sie den Golden Globe erhalten hatte. Viele dürften sich auch an den Tatort-Krimi „Reifezeugnis“ von 1977 erinnern, in dem Nastassja Kinski an der Seite von Christian Quadflieg spielte.

„Nastassja Kinski – Geschichte einer Befreiung“ heißt die 54-minütige Doku, die noch bis 15.11.2025 in der Mediathek verfügbar ist, und ich habe sie – wie auch den 53-minütigen Dokumentationsfilm über Wim Wenders (Wim Wenders: Der ewig Suchende) – bereits gesehen. Denn: lange Jahre habe ich früher Nastassja Kinski so etwas wie verehrt, jedenfalls viele ihrer Filme gesehen (auch wiederholt) und alles Mögliche an Artikeln über sie gesammelt aus verschiedensten Zeitungen und Zeitschriften (von Fernsehzeitschriften über Cinema, ZEIT, Bild, Das goldene Blatt, Brigitte, TIP Berlin Magazin etc. bis zu Cosmopolitan und Vogue), zuletzt noch im Oktober 1995 eine Marie Claire-Ausgabe, in der Nastassja Kinski exclusiv als Marie Claire-Model vertreten war (da war ich in dem Jahr gerade eine Mama geworden; Nastassja bereits dreifache Mutter). Peter Lindbergh hat sie für Marie Claire fotografiert, auf einem Foto ist die jüngste, damals zweieinhalbjährige Tochter Kenya Julia – Vater Quincy Jones – mit abgebildet; „sagenhaft, dieser mund. ausdrucksstark und ungewöhnlich, wie alles an der deutschen schauspielerin“ steht zum einleitenden doppelseitigen Foto, das sich nur diesem Mund widmet, geschrieben. Obwohl ich also Etliches verfolgt habe von Nastassja Kinski, zeigte die arte-Dokumentation doch auch mir Unbekanntes. Auf die Ausstrahlung von Paris,Texas (ab 18.August in der Mediathek) freue ich mich besonders (ohne die weiteren Filme von Wim Wenders zu vernachlässigen). Jemand fragt Nastassja im Doku-Film zur Bedeutung ihres Vornamens, er bedeute doch „die Wiedergeborene, die Auferstandene“. „Ja“ – antwortet sie.

(Wim Wenders übrigens ist ab und an in Riehen in letzter Zeit, nicht nur zur Hopper-Ausstellung wegen seines Kurzfilmes über Edward Hopper, sondern auch, weil er derzeit an einem Film über den Architekten Peter Zumthor arbeitet, der den Erweiterungsbau der Fondation Beyeler gestaltet)

ROAD MOVIES | Projektauftakt für Dokumentarfilm von Wim Wenders über den Architekten Peter Zumthor https://share.google/FCvX1AeZ1mISLtPE2

Buon Ferragosto!

Neulich, während die blonden Strähnen eine Auffrischung erhielten, fragte mich mein Friseur, der zwar in Deutschland geboren, aber von der Herkunft Sizilianer ist, ob ich Ferragosto kenne. Er fragte das, weil er es wieder erleben wird, con tutta la famiglia, vicino a Palermo, in zweiter Reihe vom Meer, im Vaterhaus, wohin er samt Zwillingsbruder und Friseurkollegen für die Ferien zurückkehren wird, denn irgendwie hat man die Rhythmen beibehalten. Die zwei Friseure waren die Nesthäkchen von neun Kindern, mit allen Vor- und Nachteilen, die ältesten Geschwister zwanzig Jahre älter als die Beiden, die nun auch schon an die Vierzig heranreichen, und die Mamma lebt nicht mehr und kann kein sizilianisches Essen mehr auftischen, es ist auch nicht mehr notwendig, die Schmutzwäsche vor ihr zu verstecken, damit sie sie nicht wäscht, solange ihre großen bambini mit Anhang am Strand unter den Sonnenschirmen liegen.

Natürlich kenne ich Ferragosto, antworte ich. Beim italienischen Familienfreund standen wir auf der Dachterrasse des Hotels und haben das Feuerwerk bewundert, das in den Sommernachthimmel über dem Meer stieg und irgendwann wussten wir auch, dass der Tag das Hochfest ist zur Aufnahme Mariens in den Himmel, aber eigentlich auf die feriae Augusti zurückgeht, die dreitägigen Siegesfeiern des römischen Kaisers Augustus, die dieser im Jahr 29 v.Chr. nach den gegen Marcus Antonius und Kleopatra gewonnenen Schlachten bei Actium und Alexandria anberaumt hatte. Passenderweise war es der Patriarch von Alexandrien, der Kirchenvater Kyrill I., der das seit den Zeiten des Augustus im ganzen römischen Reich begangene Fest im 5. Jh. christianisierte. Wir feierten Ferragosto jedenfalls immer gerne mit, in der italienischen Sommerluft, zumal das Feuerwerk auch hinüberreichte zum Geburtstag des Großvaters am 16.August, den wir mit den Festivitäten aus der Ferne begrüßten.

Beim Friseur übrigens genieße ich nicht nur die Kopfbehandlung, sondern auch ein bisschen Sizilien und Italien, denn das Radio plappert auf Italienisch wie eine stete schöne Hintergrundmusik, und es schneien Diese und Jene herein, die mit den Zwillingen in der Sprache der Insel oder auf Italienisch Neuigkeiten und Altbekanntes austauschen, nicht immer sind die Dienstleistungen gefragt, man kommt auch einfach durch die Ladentür per chiacchierare un po.

(Ich habe nachgeschaut, in San Mauro Mare beginnt der Tag des 15.August 2025 um 6:00 Uhr mit einem Konzert zum Sonnenaufgang am Strand von Bagno Delio, um 21.00 Uhr gibt es ein DJ-Set von Radio Bruno auf der Piazza C.Battisti und um 23:30 Uhr kann man ebenfalls auf der Piazza C.Battisti Tanzende Fontänen bestaunen)

Tourismusbüro von San Mauro Pascoli – BUON FERRAGOSTO!

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(geschr.08. u.10.08.2025)