Die drei Frauen I

Die drei Frauen I sind in die Jahre gekommen.

Sagt man das bei Frauen? In ein fortgeschrittenes Alter kommen, an Spannkraft und Leistungsfähigkeit verlieren und zunehmend unter körperlichen Einschränkungen zu leiden haben , meint das Lexikon zur Bedeutung der Wendung oder zweitens: über einen längeren Zeitraum in Gebrauch sein, das Ende der Nutzungsdauer erreichen, Anzeichen von Alterung zeigen und an Funktionsfähigkeit verlieren.

Wie dem auch sei, die drei Frauen I sind jedenfalls Ü 60, das sagt man so, das steht Ü -BERALL geschrieben:  Ü 30, Ü 50, Ü 60  (gibt es auch U ??? U 20, U 70, U 90 – oder ist das eher U -NTERIRDISCH ?) Auf die Frage, wie man Frauen ab 60 nennt, antwortet die Suchmaschine mit altes Weib, Matrone, (alte) Vettel, (alter) Besen (was uns vermuten lässt, dass die Suchmaschine zumindest schlecht erzogen ist – NB: man vergleiche einmal die Antwort bei Männern ab 60).

Zurück zu unseren drei Frauen I :

Frau I – NGEBORG :  groß, sehr schlank, schwarze halblange Haare, bescheiden, genau, arbeits – und genügsam, hat vor Jahrzehnten ihre Liebe geheiratet, keine Kinder. Ihre Liebe wird früh ein Pflegefall, ist dauerhaft an den Rollstuhl gebunden. Frau I bleibt an der Seite des Mannes und versorgt ihn neben 100 Prozent Berufstätigkeit. Bis er stirbt. Andere ihrer Nächsten sterben auch. Sie ist allein. Müde, aber nicht unglücklich. Geht kaum in Urlaub, aber seit je für stille Minuten in Gotteshäuser. Inzwischen in den Ruhestand. Hat eine kleine Wohnung in der Stadt. Läuft mit flottem Schritt durch die Gassen. Sieht erfrischt aus. Hat vor Kurzem jemanden kennengelernt. Gute Gespräche geführt, gemeinsame Unternehmungen gemacht. Die erste längere Ferienreise steht an, mit dem neuen Mann.

Frau I – RENE:  immer elegant gekleidet, meist mit Hut, stets perfekt geschminkt, kastanienbraunes Haar, lebendige Augen, munter, lächelt oft, hat reichlich Ideen, auch beruflich als Selbständige, im Verbund mit dem Partner oder allein. Keine Kinder, viele Bekannte. Irgendwann will ihr Rückenmark nicht weiter, erst läuft sie schlecht, dann gar nicht mehr, seit Jahren bewegt sie ihren Rollstuhl schwungvoll durch die Straßen. Frisch verliebt, antwortet sie mit heiterem Lächeln auf das Kompliment zum nochmals getoppten Aussehen.

Frau I – NGALISA : schlank, mittelgroß, selten geschminkt, das dünne Haar kinnlang und mit Naturfarben rötlich getönt, dezenter Schmuck, nach missglückter Ehe seit vielen Jahren allein, keine Kinder, aber einige Geschwister. Sehr musikalisch, spielt Flöte und liebt Tänze aus aller Herren (oder Frauen) Länder, kann beides auch anleiten. Braucht viel reine Luft und deshalb Wald und Bergeshöhen, da schreitet sie kräftig aus. Denkt ausgiebig nach, engagiert sich in der Kirchengemeinde. Pensioniert, etwas vorzeitig, eine Weile rekonvaleszent nach mehreren Operationen, sucht seit langem eine neue Wohnung mit guter Atmosphäre. Plötzlich sucht sie nicht mehr allein, sondern eine Wohnung für Zwei, ein Herr ist in ihr Leben getreten – Ü 60  und U 90 vermutlich.

Dreiklang der Legenden

(zum Gedenktag der Heiligen Chrischona am heutigen 16.Juni)

Die heiligen drei Jungfrauen Kunigunde, Mechtrudis und Wibranda folgen im 4. Jahrhundert n.Chr. der Ursula von Köln auf der Wallfahrt nach Rom, erkranken aber auf dem Reiseabschnitt nach Basel und sterben bei Rapprechtsweier (heute wahrscheinlich Adelhausen) nahe Eichsel (Ortsteil von Rheinfelden), wo sie auch begraben liegen, so erzählt es die Legende. Der Eichsler Umgang (Prozession und Volksfest) hält die drei lebendig.

Die drei Schwestern Chrischona, Margarethe und Odilia bauen jede auf einem von drei Hügeln der Basler Umgebung eine Kirche (St.Chrischona -Bettingen, St.Ottilien – Tüllingen, St.Margarethen -Binningen) und geben sich aus ihren Klausen des Nachts Lebenszeichen mit einer Laterne. Auch hier weiß die Legende, dass die heilige Chrischona eine Gefährtin der Hl. Ursula von Köln war (Legenda aurea) und sich entweder auf der Rückreise von Rom weigerte, das verkündete Martyrium mit Ursula zu erleiden und daher verjagt und zur Einsiedlerin wurde, oder aber erkrankte und die Rückreise bei Basel abbrechen musste oder als einzige Überlebende des Martyriums am Rhein entlang nach Basel floh.

Drei adlige Schwestern aus dem Haus Pfeffingen (Baselland) verlieben sich gemäß der dritten im Dreiländereck tradierten Legende in drei Brüder des feindlichen Hauses Thierstein (Adelsgeschlecht Nordwestschweiz). Das duldet der als Vormund fungierende Bruder der drei Schwestern nicht (da ihm ein Untergang des Hauses Pfeffingen prophezeit wird, für die Schwestern hingegen enthält die Prophezeiung ewige Häuser), er lässt die Thierstein-Brüder enthaupten  – die drei Schwestern ziehen sich daraufhin als Einsiedlerinnen zurück, die Kirchen St.Chrischona, St.Ottilien und St.Margarethen sind nach ihnen benannt.

(Die drei Legenden von den drei Jungfrauen werden teilweise miteinander verwoben; in St.Ottilien, Tüllingen findet sich ein Fresko mit der Darstellung von drei Frauen im Sakramentschrein)

(Jacobus de Voragine, 13.Jh.n.Chr. Genua, bezeichnete seine um 1264 verfasste Hagiografie noch nicht als „Legenda aurea“ – der Titel wurde ihr erst später, aber noch zu Lebzeiten des Verfassers, verliehen – sondern als „Bearbeitung von Geschichten von Heiligen“)

https://www.katholisch.de/artikel/34319-legenda-aurea-die-schatzkiste-der-heiligen

(Es gibt weitere, mit anderen geografischen Räumen verknüpfte Drei-Frauen-Legenden und Vorbilder in dreigestaltigen Göttinnen. Auch die Trias der göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung, Liebe nach 1.Kor.13 wurde  in Gestalt von drei Frauen dargestellt und in den Heiligenkanon aufgenommen: die drei Jungfrauen Fides, Spes und Caritas  – Töchter der Hl. Sophia – erlitten gemäß Überlieferung unter Kaiser Hadrian im 2.Jh.n.Chr. das Martyrium)

Dreieinigkeitssonntag – Trinitatis

Im Herrnhuter Losungsbüchlein ist für die heutige Bibellese der sechsversige Psalm 13 angegeben. Ich zitiere einige Verse nach der Elberfelder Übersetzung:

Bis wann soll ich Sorgen hegen in meiner Seele, Kummer in meinem Herzen bei Tage?…

Schau her, antworte mir, HERR, mein Gott! Mach hell meine Augen…

Ich aber, ich habe auf deine Gnade vertraut; mein Herz soll jauchzen über deine Rettung. Ich will dem HERRN singen, denn er hat wohlgetan an mir.

(Foto: Wasserspeier des Bad Pyrmonter Augenbrunnens)

Jetzt fahr’n wir über’n See

titelte mein Vater in seiner schönen Schrift zu einem Foto, auf dem der „Fährmann“ Mario einmal wieder Groß und Klein, Alt und Jung auf die Isola S.Giulio brachte. Es gibt auch Titel wie „Die Tafelrunde“, „Beim Cappuccino“, „Deutsch-Italienische Kontaktaufnahme“ und „Lebt wohl, Ihr Gebeine der Heiligen“ oder „Arrivederci“.

Letzteres sage jetzt auch ich, wegen Aufbruchs in den hohen Norden (wo ich vielleicht auch herausfinden kann, wieso ein damals noch junges Familienmitglied „Mücke“ genannt wurde, der Name haftete lang) gibt es hier eine Pause bis zum Sonntag Trinitatis.

Kurzbeiträge unter achfrie58 auf meinem Instagram- Account.

Schöne Pfingsttage wünsche ich schon einmal!

Pane e coperto

Wieder etwas gelernt heute!  

Von italienischen Eigenheiten handeln kleine Texte und selbst die aus der ersten Hauptstadt des Vereinigten Italien und jetzigen Hauptstadt des Piemont stammende Italienisch-Lehrerin kennt nicht immer alle Hintergründe, weiß aber zu allen Themen nicht nur ihre studenti zum Sprechen zu bringen, sondern umgibt die studenti auch mit dem Wohlklang ihres persönlichen Erzählstroms und so landet man zum Beispiel von der Historie des coperto bei Geschichten von Sonntagsausflügen samt Picknick (mitgebrachtes Essen, gekaufter Wein) auf den sacromonti

Der Betrag für das Gedeck (coperto) ist in Restaurants zu entrichten für die Bereitstellung von Geschirr, Besteck, Gläsern, Tischdecke, von Brot (pane), eventuell auch von Wasser und einem Schälchen Oliven. Der Brauch geht zurück auf das Mittelalter, wie wir alle lernen, als Pilger und Reisende in Straßenlokalen rasteten, dort ihre selbst mitgebrachten Speisen verzehren durften, aber die Gebühr für die gedeckten Tische zu bezahlen hatten. Unser Text (Cos’è il coperto del ristorante e perché si paga) meint, dass der Brauch ja längst überholt sei, das pane e coperto aber geblieben und den wahren Grund dafür wüssten nur die ristoratori italiani, auch wenn natürlich jedem bekannt sei, dass Traditionen in Italien heilig sind.

Keine mir bekannte italienische Tradition hat die zweitälteste bestehende Buchhandlung Deutschlands (gegründet 1596 in Tübingen), deren Filiale nach eigenen Angaben Leidenschaft lebt für Bücher, Lesen, Erzählen und Schwärmen für ernste und nicht ganz so ernste Literatur. Ich rätsele also seit der gestrigen Begegnung mit der laminierten zweisprachigen Bitte über deren kulturhistorische Hintergründe:

Ein unbekannter Ort

Jetzt hatte Christian seine Tasche vergessen. Dabei hing er doch so an ihr. Mindestens genauso wie die Tasche an ihm hing. An ihm herunterhing, ihm zur Seite war, auf Schritt und Tritt. Und das seit vielen Jahren. Eine lederne Treue hielt sie ihm und er wusste sie gerne an seiner Flanke, das gab ihm ein Gefühl von Sicherheit. Er legte den Arm um sie, meist den rechten, und hielt ihr die Schnallen oder sich an denen fest. Wenn er nicht mit zärtlicher Geste die Riemen herauszog und die Tasche öffnete, um ihren Inhalt erst zu betasten, bevor er ihn dem Futteral entnahm. Er kannte den Inhalt gut, ja er liebte ihn (obwohl er zu scheu war, ein solch großes Wort zu benutzen), dennoch bereitete es ihm jedes Mal aufs Neue eine reine und tiefe Freude, wenn er die Gegenstände ergriff und durch seine Hände gleiten ließ, bevor er sie mit raschem Entschluss aus der Tasche nahm. Es handelte sich um ein Notizbuch und mehrere Stifte. Die große Freude trug er nicht nach außen, er lachte nicht lauthals und verzog kaum eine Miene, allenfalls umspielte ein winziges Lächeln seine Lippen, die meist schwiegen. Alle Worte, die die Lippen nicht sagten, flossen in seine Finger, die sich mit dem Stift dergestalt zu einer bewegten Einheit verbanden, dass Christian später die Worte wiederfand auf dem Papier des Notizbuchs. Das war gut und auch schön, so waren die Worte draußen und blieben doch drinnen und in seinem Besitz und Christian konnte sie anschauen, wann immer er wollte und das Notizbuch öffnete. Die Worte waren seine Gesellen und ihm war wohl in ihrer Gesellschaft. Und nun hatte er die Tasche stehen lassen und mit ihr die Stifte und die Wortgesellschaft im Notizbuch! Das war ihm noch nie passiert. Das kam davon, wenn man sich an Orten aufhielt, wo man sich nicht auskannte! Wenn man die Tasche ablegte anstatt sie bei sich zu lassen, an der Flanke, wo sie hingehörte, wo sie sich so gut einschmiegte, als sei sie festgewachsen, eine zweite Haut. Christian war verstört. Die Leere an seiner Seite war furchtbar und die Fülle in seinem Kopf kaum auszuhalten. Wo nur hatte er die Tasche gelassen? Er versuchte, das Knäuel im Kopf zu entflechten, aber das war schwer ohne Stifte und Notizbuch und es gelang ihm nur zähflüssig und unter großen Mühen.

An einen Gitterkäfig hatte er die Tasche gelehnt, endlich erinnerte er sich, auf eine halbhohe Holzbarrikade, und über der Tasche schwamm ein türkisgrüner Fisch, der sein Metallmaul geöffnet hielt, er war wohl dem Schleppnetz entschlüpft, das schlaff auf dem Käfig unter dem erschrockenen Fisch vor sich hindümpelte. Christian hatte den Fisch gut verstanden, auch er hatte sich nämlich zuerst ein wenig erschrocken an diesem Ort, an dem er zuvor noch nie war. Aber dann hatte er gesehen, dass die Kacheln an den Wänden warmes Terrakotta trugen, das weckte in Christian eine alte Erinnerung und die leise Ahnung, dass sich an dem Ort viele Worte einfinden würden, deren Gesellschaft ihm angenehm war, mit denen er vielleicht sogar einmal anstoßen könnte an einem der kleinen Tische, die da voller Erwartung herumstanden. Was hatte er da gerade gedacht? Wie war er denn darauf gekommen? Das hatte er doch noch nie… ihm war ein wenig schwindelig. Noch ganz in Gedanken befangen, legte er die Ledertasche ab, lehnte sie an den Gitterkäfig auf die Barrikade und vergaß sie zu öffnen, denn sein Blick fiel auf einen silberglänzenden Shaker, der ein wenig schräg auf dem Podest einer kleinen Bronzestatue stand und in dem Christian nun auch Worte vermutete, Worte, die geschüttelt werden wollten, nicht gerührt, leise Worte und laute, dicke und dünne, vermisste Worte und solche, die er noch gar nicht kannte. Ein wunderbares Gemisch, eine kühle Flüssigkeit, ein Wortcocktail, der ihn beleben und erfrischen würde, Christian vergaß seine Scheu und machte einen raschen Schritt auf den Shaker zu, als ein gläsernes Klirren die Stille und Christians umherwandernde Gedanken zerriss, was ihn so ins Zittern brachte, dass er davonstürzte und die Tasche zurückließ.  

Als er zum Stehen kam, fand er sich inmitten von geschäftigem Getriebe wieder, langsam gelangte Stimmengewirr in sein Ohr und in seinen Kopf das Bewusstsein, dass er nicht vollständig war, etwas fehlte doch an seiner Flanke, er griff sich an die Seite und wirklich: Leere! Christian wusste gar nicht wohin mit seiner rechten Hand, sie baumelte schlaff herunter, dann hob er sie mühsam an die Stirn, hinter der sich etwas zu türmen schien. Er schwitzte, wischte mit dem Handrücken die winzigen Tropfen ab, versuchte, seinen Atem in ruhigen Rhythmus zu bringen und klar zu bekommen, was geschehen war. Die Tasche neben dem Käfig unter dem Fisch, endlich erinnerte er sich. Sein Notizbuch, seine Stifte, seine liebe Wortgesellschaft. Christian stand still im Getümmel, dann setzte er sich in Bewegung.

(Und was ist das? Ein Flugelefant oder ein Seepferdchen?)

Sechster Sonntag nach Ostern – Exaudi

Ein Vers aus der Apostelgeschichte (10,28) begrüßt im Herrnhuter Losungsbüchlein den neuen Monat, dem Exaudi-Sonntag zugeordnet ist dort aber wieder ein Vers, den der Psalmdichter David schrieb. Ich zitiere ihn (Ps.27,7) nach der Elberfelder Übersetzung : Höre, HERR, mit meiner Stimme rufe ich: sei mir gnädig und erhöre mich!

(Der Mai erhält ein Adieu: Hinter der Linde / verbirgt Ottilien sich / im month of maying )

Das Basler Konzil im Haus zur Mücke

“Oder man spaziert direkt durch die Stadt und bindet die Kinder aktiv ins Geschehen ein“ – heißt es auf dem Cover von „Basel, die verzauberte Stadt“ (Ein spielerischer Spaziergang für Kinder. Von Helen Liebendörfer. Friedrich Reinhardt-Verlag, Basel 2006)  und weiter „Am Ziel angekommen, hat man einen Teil der schönen Altstadt entdeckt und Basel ein wenig besser kennengelernt.“

Die Noch-Mai-Sonne scheint, luftige Kleidung genügt, also spricht nichts dagegen, dass wir uns aufmachen, ein groß gewordener Jemand mit der nonna im Schlepptau (so herum oder andersherum?) und wir beginnen bei der Helvetia, die vom Zweifrankenstück heruntergesprungen ist und mit Koffer, Schild und Lanze bei der Mittleren Brücke sitzt, den Kopf in die rechte Hand stützt und in Strömungsrichtung auf den heute in mattem Grün ruhig und breit dahinziehenden Rhein schaut. Wie der groß gewordene Jemand ein paar Stationen weiter sofort und sehr richtig bemerkt, ist die Helvetia dennoch auch auf dem Zweifrankenstück geblieben, mit dem wir den Fährimaa bezahlen, der in dem Fall eine Fährifrau ist. Allerhand Getier gilt es auf der Pfalz am und im Münster zu entdecken und den Flüsterbogen zu erproben, bevor am Schlüsselberg außer einem Wilden Mann ein Elefant, ein goldener Löwe und ein Falke darauf warten, gefunden zu werden.

Da geschieht es: bevor der gemeinte goldene Löwe beim Haus Zum Venedig auftaucht und der groß gewordene Jemand (der sich an den Flügeln stört) ausruft: das ist gar kein richtiger Löwe!, findet er andere Löwen in Gold (die aber auch ein wenig Affen gleichen), sie halten den Basler Krummstab am Haus Zur Mücke und da kommt die nonna in großes Staunen, als sie liest, was es mit diesem Haus auf sich hat. 1545 erbaut, beherbergte es von 1671 bis 1849 nicht nur die Universitätsbibliothek, sondern auch das erste öffentliche Museum Basels. Im Vorgängerbau gleichen Namens tagte das Basler Konzil (Concilium Basiliense), das von 1431 bis 1449 dauerte und ab 1437 selbstständig weitergeführt wurde nach einer Spaltung (gleichzeitig Konzile in Ferrara und Florenz). Und: während dieses Konzils fand im Haus Zur Mücke ein Konklave statt, eine Woche verging ohne Ergebnis und die Stadt wurde unruhig, am 5.November 1439 zog dann gegen 10 Uhr morgens eine Prozession vorm Haus Zur Mücke auf und betete um göttliche Eingebung. Da kam es zum letzten Wahlgang, in dem mit 26 von 33 gültigen Stimmen Herzog Amadeus von Savoyen zum Papst gewählt wurde. Kein weißer Rauch aus einem Schornstein verkündete das Gelingen der Wahl, sondern man hielt ein silbernes Kruzifix als Zeichen aus dem Fenster über dem Eingang. Und wo wurde schließlich am 24.Juli 1440 dieser (Gegen-) Papst Felix V. zum Papst gekrönt? Unter freiem Himmel auf dem Münsterplatz zu Basel! Das Volk rief ihm ein vielfaches „Vivat papa!“ zu. Es waren übrigens harte Zeiten: 1439 gab es eine Pestepidemie in Basel, daneben herrschte eine ungewöhnliche Dürre und Missernten der Vorjahre hatten zu einer Teuerung geführt.

Nach diesem unerwarteten Geschichts- und Geschichten-Exkurs verlassen der groß gewordene Jemand und die nonna sämtliche Löwen des Schlüsselbergs, schließlich müssen sie weiteres Getier (einen Papagei zum Beispiel) und einen römischen Feldherrn (mit roten Hosen unterm kurzen Rock) finden im Hof des prachtvollen Basler Rathauses, bevor sie sich eine Stärkung gönnen und dann der bronzenen Helvetia ein Uf Wiiderluege wünschen.

https://altbasel.ch/fussnoten/konklave.html#:~:text=Herzog%20Amadeus%20von%20Savoyen%20kam,vielfachen%20%22Vivat%20papa!%22