Ich sehe in einem Ordner, was ich Anfang April 2022 aufgeschrieben habe: „Der kleine Jemand zieht Bücher aus dem Regal. Prima zu erreichen sind Khalil Gibrans Prophet, Geheimnisse des Herzens, Eine Träne und ein Lächeln, Manfred Hausmanns Isabel, Andreas, Martin, ein Stückchen weiter schließlich Die Schweiz für die Hosentasche, Sagen der Schweiz und die Manesse-Anthologie Reise durch die Schweiz. Einen Turm will er bauen, der kleine Jemand, „auf´m Bod´n“ , in der Legolandschaft und neben der Holzeisenbahnbrücke. Der kleine Jemand beginnt mit dem Bau. Dann aber richtet er sich auf, nimmt Hausmanns Übertragung japanischer Gedichte, schlägt das Buch auf – falschherum, jedoch in ernster Lesehaltung, ganz vertieft, wie ein Mönch im Kreuzgang. Er beginnt vorzulesen. Was hört man? Worte, die dem kleinen Jemand begegnet sind in einem Bilderbuch zur Schöpfungsgeschichte. „Ääde“ ist zu vernehmen und „Wassa“. Dann hört man „Gott nich´ dunkel“. Das o klingt ein wenig nach a. Man fragt nach: „Gott?“ Der kleine Jemand schaut ins Buch, liest noch einmal, bekräftigt: „ja, Gott nich´ dunkel“. Ach, kleiner Jemand…!“
Anfang April 2025: Bücher sind heute nicht gefragt, der groß gewordene Jemand malt bunte Welten. Er setzt sie aus erinnerten Orten zusammen, Orte, zu denen seine Gedanken reisen, Orte, die er bald wiedersehen will. Die Holzeisenbahnbrücke findet einen Platz auf Waschbetonplatten, ein freudiger Fratz hat sie dorthin gestellt. Gewoben im Mutterleib nennt der Psalmist das im Psalm 139, was mit dem freudigen Fratz 2022 geschah. „Dreggich“ feixt der freudige Fratz heute und meint die Fußsohlen der nonna, die am sonnenwarmen Tag barfuß auf den noch ungeputzten Terrassenboden trat. Und dann gibt es „Wassa“, nein Wasser, und sie haben es eifrig, der groß gewordene Jemand und der freudige Fratz, und es fällt ihnen allerhand ein, was man mit dem Wasser anstellen kann. Als die nonna resümiert: „Na, da haben wir ja heute den Sommer eingeläutet“, korrigiert der groß gewordene Jemand prompt und entschieden: „den Frühling, nicht den Sommer, nonna, den Frühling!“
(Das schmale Buch, in dem Manfred Hausmann japanische Gedichte ins Deutsche übertragen hat, ist 1951 im S.Fischer-Verlag, Frankfurt a.M. erschienen, ich habe es im Juni 2021 in einem Lörracher Antiquariat gefunden; die Einleitung auf S.5 ist mit dem Titel „Über das Nachschöpfen“ versehen)
