„Lèche-Vitrines“

Noch bis zum 11.Mai 2025 ist im Museum Tinguely in Basel die Ausstellung „Fresh Window. Kunst & Schaufenster“ zu sehen. Ich habe sie am 14.Februar besucht und dort auch den Video-Film Lèche -Vitrines der 1989  in Vaduz, Liechtenstein, geborenen Perfomance-Künstlerin Martina Morger gesehen. Martina Morger spielt darin mit dem französischen Begriff für Schaufensterbummel und leckt tatsächlich die Schaufensterscheiben. Und wo tut sie das? In Paris, im Quartier Marais. Und wann tut sie das? Im April 2020, als während der pandemiebedingten Ausgangsbeschränkungen die Geschäfte geschlossen waren. Und so sieht man sie, gekleidet in den Farben der Tricolore (nur etwas knalliger), durch die eher leeren Straßen des Viertels gehen, hier und da bleibt sie stehen und nimmt mit ihrer Zunge kurz oder lang Kontakt auf zum Glas der Fenster und zu den Dingen, die hinter der trennenden Scheibe ausharren (oder ausruhen?), die man nicht mehr in die Hand nehmen, nicht mehr berühren, nicht mehr erwerben, nicht mehr schmecken, zu denen man nicht mehr gelangen kann. Riesige Macarons zum Beispiel oder Luxusuhren, Eis, elegante Schuhe, Meeresfrüchte, das Werbeplakat für eine Reise zum Sugar Beach, Eau de Cologne. Martina Morger geht, schlendert, schaut, stoppt, leckt, geht weiter. Sprechen tut sie nicht, ab und an hört man ihren Atem, ihre Tritte oder die von Passanten. Und die (reduzierten) Geräusche des Viertels, den Bus, einen Motorroller, das Weinen eines Kleinkinds, Musik, Sprachfetzen einer Unterhaltung.

Der knapp 17-minütige Film (Kamera Lukas Zerbst und Youssef Chebbi; Editing und Sound : Lukas Zerbst und Martina Morger)  ist nicht nur in Basel (oder im Kunstmuseum St.Gallen), sondern auch im Netz zu sehen (und zu hören).

Wäre das nicht was für die nicht oder doch vorhandenen Corona- Untersuchungsausschüsse und Enquete-Kommissionen „Pandemie“ ?

https://www.martinamorger.com/project/leche-vitrines