fünfter sein

Inzwischen ist es etwas lädiert, das schmale, kleine, vielbenutzte Büchlein, das meine Mutter einmal ihrem Enkel schenkte und das inzwischen eine nonna oft mit dem groß gewordenen Jemand las und betrachtete, alle immer aufs Neue gebannt von Ernst Jandls Zeilen und Norman Junges Illustrationen, die mit minimalen Mitteln Stimmung und Geschehen der aufs Äußerste reduzierten Gedichtgeschichte übertragen.

Gestern hätte der am 9.Juni 2000 in Wien gestorbene „Sprachformer“ Ernst Jandl 100. Geburtstag gefeiert.

Wir warten ein wenig ängstlich und gespannt, was hinter der geschlossenen Tür passiert und zählen die Stühle, bis wir dran sind, wir schauen, was die Lampe macht, wenn die Tür sich öffnet und einer hineingeht oder herauskommt, wir betrachten, wie er sich bewegt beim Hineingehen und beim Herauskommen und wir erkunden, welche Accessoires er dann verlieren oder wieder bekommen darf und zum guten Schluss sagen wir erleichtert „tagherrdoktor“.

(Ernst Jandl, Norman Junge: fünfter sein, Beltz Verlag Weinheim und Basel 1997,1999; Gestaltung von Norman Junge, Köln; Ernst Jandls Werk ist im Luchterhand-Verlag beheimatet)

Ernst Jandl: Lautgedichte und Performance-Poesie https://share.google/Ny5jjSlbfVq8xuI1g