heißt eine Ausstellung, die noch bis zum 4.Mai 2025 zu sehen ist und in der die Fondation Beyeler zum ersten Mal eine Auswahl surrealistischer Meisterwerke der Collection Hersaint zeigt, etwa 50 der rund 150 Werke umfassenden Sammlung des Claude Hersaint (1904-1993) sind ausgestellt und befinden sich zum Teil im Dialog mit korrespondierenden weiteren zentralen Werken der Fondation. Ein 1948 von Balthus (1908-2001) geschaffenes Portrait zeigt im Saal 9 den Sammler in der rechten Profilansicht, im Sessel sitzend, das Kinn in die rechte Hand gestützt, auf die von links oben Licht fällt, genau wie auf die Glatze über dem erhaltenen Haarkranz. Claude Hersaint sowie seine Frau Françoise und seine Tochter Evangéline verband eine lange Freundschaft mit Ernst und Hildy Beyeler, so dass auch Balthus‘ Passage du Commerce Saint-André nicht nur in der aktuellen Ausstellung, sondern als Dauerleihgabe seit vielen Jahren in der Fondation zu sehen ist.
Ich bin vor einigen Tagen durch die Ausstellung gegangen, da die meisten Besucher die gleichzeitig stattfindende zweite Ausstellung Nordlichter bevorzugten, ging es in den zehn Sälen der Surrealisten entspannt und luftig zu, es gab viel Raum und Zeit zum Schauen. „Schwergewichte“ wie Max Ernst, Joan Miró, Pablo Picasso, Jean Dubuffet, René Magritte, Man Ray und auch ein Dalì sind vertreten, aber auch eher selten zu sehende Werke, zum Beispiel von Max Ernsts vierter Ehefrau, der Malerin, Bildhauerin und Schriftstellerin Dorothea Tanning (1910-2012).
Bevor man den ersten Saal betritt, befindet sich an der Wand des Foyers neben dem einleitenden Text das Bild, mit dem Claude Hersaint im Alter von erst 17 Jahren seine Sammlung begründete, Max Ernst schuf es etwa 1920, Hersaint erwarb es im Jahr 1921. Ich stelle fest, dass die meisten der Museumsgäste es kaum beachten, zum Teil wirken sie schon müde vom Besuch der Nordlichterausstellung auf der anderen Seite, zum Teil lesen sie gerade noch den Text und wollen dann rasch weiter in die Säle, das Bild ist eher klein und man bringt es nicht unbedingt mit dem Surrealismus in Zusammenhang : Cage et oiseau / Käfig und Vogel ist sein Titel (Öl auf Karton mit Originalrahmen) und im ersten quadratischen Rahmen aus dunklem Holz hält sich ein grün- weiß gestreifter Vogel vor oder hinter (?) sieben weißen vertikalen Streifen auf, und zwar so, dass seine weißen Streifen die Zwischenräume der drei mittleren vertikalen Streifen füllen, wobei Konturen einen dickeren oder dünneren schwarzen Rand erhalten, den Rest dieses inneren Bildes nimmt ein angenehm warmes Rot ein, die Farbe erhebt sich in regelmäßigen Abständen zu weiteren Gitterstäben. Sie bildet zudem um das Bild herum ein Gitternetz aus leicht unregelmäßig verlaufenden Quadratlinien auf weißem Grund bis zum zweiten äußeren Rahmen aus dunklem Holz. Max Ernst (1891-1976) hat mit schwarzen Majuskeln, die leicht goldfarben hinterlegt sind, auf dem unteren Teil des inneren Rahmens signiert.
Mehr Leute verweilen im Saal 1 vor dem von René Magritte (1898-1967) gemalten und sehr bekannten Werk La Clef des songes /Der Schlüssel der Träume (1930, Öl auf Leinwand), das seinen Titel der gesamten Ausstellung geliehen hat. In einem illusionistischen Fenster sind hier bestimmte Worte ganz anderen Gegenständen zugeordnet, zum Beispiel la Neige einem schwarzen Hut und l’Orage einem leeren Wasserglas, so dass Beziehungen zwischen und Vorstellungen von Wort, Bild und Objekt hinterfragt werden.
Im großen Saal 9 scheinen sich gerade, als ich ihn betrete, Besucherinnen in Balthus‘ stillstehende Szene Passage du Commerce Saint-André (1952-1954, Öl auf Leinwand) einzufügen: links vor dem Kind mit Puppe eine dunkelhaarige, dunkel gekleidete, auf einem Rollator sitzende Dame, rechts vor dem auf dem Bürgersteig kauernden Mann eine noch in Bewegung befindliche große schlanke Frau in blauer Jeans und beigem Jackett.
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