“Oder man spaziert direkt durch die Stadt und bindet die Kinder aktiv ins Geschehen ein“ – heißt es auf dem Cover von „Basel, die verzauberte Stadt“ (Ein spielerischer Spaziergang für Kinder. Von Helen Liebendörfer. Friedrich Reinhardt-Verlag, Basel 2006) und weiter „Am Ziel angekommen, hat man einen Teil der schönen Altstadt entdeckt und Basel ein wenig besser kennengelernt.“
Die Noch-Mai-Sonne scheint, luftige Kleidung genügt, also spricht nichts dagegen, dass wir uns aufmachen, ein groß gewordener Jemand mit der nonna im Schlepptau (so herum oder andersherum?) und wir beginnen bei der Helvetia, die vom Zweifrankenstück heruntergesprungen ist und mit Koffer, Schild und Lanze bei der Mittleren Brücke sitzt, den Kopf in die rechte Hand stützt und in Strömungsrichtung auf den heute in mattem Grün ruhig und breit dahinziehenden Rhein schaut. Wie der groß gewordene Jemand ein paar Stationen weiter sofort und sehr richtig bemerkt, ist die Helvetia dennoch auch auf dem Zweifrankenstück geblieben, mit dem wir den Fährimaa bezahlen, der in dem Fall eine Fährifrau ist. Allerhand Getier gilt es auf der Pfalz am und im Münster zu entdecken und den Flüsterbogen zu erproben, bevor am Schlüsselberg außer einem Wilden Mann ein Elefant, ein goldener Löwe und ein Falke darauf warten, gefunden zu werden.
Da geschieht es: bevor der gemeinte goldene Löwe beim Haus Zum Venedig auftaucht und der groß gewordene Jemand (der sich an den Flügeln stört) ausruft: das ist gar kein richtiger Löwe!, findet er andere Löwen in Gold (die aber auch ein wenig Affen gleichen), sie halten den Basler Krummstab am Haus Zur Mücke und da kommt die nonna in großes Staunen, als sie liest, was es mit diesem Haus auf sich hat. 1545 erbaut, beherbergte es von 1671 bis 1849 nicht nur die Universitätsbibliothek, sondern auch das erste öffentliche Museum Basels. Im Vorgängerbau gleichen Namens tagte das Basler Konzil (Concilium Basiliense), das von 1431 bis 1449 dauerte und ab 1437 selbstständig weitergeführt wurde nach einer Spaltung (gleichzeitig Konzile in Ferrara und Florenz). Und: während dieses Konzils fand im Haus Zur Mücke ein Konklave statt, eine Woche verging ohne Ergebnis und die Stadt wurde unruhig, am 5.November 1439 zog dann gegen 10 Uhr morgens eine Prozession vorm Haus Zur Mücke auf und betete um göttliche Eingebung. Da kam es zum letzten Wahlgang, in dem mit 26 von 33 gültigen Stimmen Herzog Amadeus von Savoyen zum Papst gewählt wurde. Kein weißer Rauch aus einem Schornstein verkündete das Gelingen der Wahl, sondern man hielt ein silbernes Kruzifix als Zeichen aus dem Fenster über dem Eingang. Und wo wurde schließlich am 24.Juli 1440 dieser (Gegen-) Papst Felix V. zum Papst gekrönt? Unter freiem Himmel auf dem Münsterplatz zu Basel! Das Volk rief ihm ein vielfaches „Vivat papa!“ zu. Es waren übrigens harte Zeiten: 1439 gab es eine Pestepidemie in Basel, daneben herrschte eine ungewöhnliche Dürre und Missernten der Vorjahre hatten zu einer Teuerung geführt.
Nach diesem unerwarteten Geschichts- und Geschichten-Exkurs verlassen der groß gewordene Jemand und die nonna sämtliche Löwen des Schlüsselbergs, schließlich müssen sie weiteres Getier (einen Papagei zum Beispiel) und einen römischen Feldherrn (mit roten Hosen unterm kurzen Rock) finden im Hof des prachtvollen Basler Rathauses, bevor sie sich eine Stärkung gönnen und dann der bronzenen Helvetia ein Uf Wiiderluege wünschen.
