– habe ich‘s doch gewusst! Die Bestätigung erteilt mir mit Ausrufezeichen das Hafenmuseum, das mich herzlich willkommen heißt und mir gleich mitteilt, dass die Basler Häfen am Güterverkehrskorridor Rotterdam-Basel-Genua und somit am Meer (!) liegen (den einschränkenden Teil des Satzes mit „im übertragenen Sinn“ und „sozusagen“ brauchen wir hier nicht).
Das Hafenmuseum direkt im Hafenareal an der Westquaistrasse, neben hochgestapelten Containern, mit Fensterblicken zum Rhein und ins Geschehen ist anschaulich und sehr beredt. Es führt einen durch die Jahrhunderte, ich erfahre, dass die Kelten vom Stamm der Rauriker um 120 v.Chr. beim heutigen Novartis-Areal und früheren St.Johann-Hafen einen Umschlaghafen gründen und nicht nur aus dem Mittelmeergebiet Wein in Amphoren importieren, sondern auch Bernstein aus dem Baltikum und Keramik aus Böhmen; außerhalb schiffbarer Gewässer übernehmen Esel, Maultiere und Pferde den Transport. Dann natürlich befahren die Römer den Rhein, um 20 v.Chr. beginnen sie damit, zu Handels- und militärischen Zwecken, die Ufer des Rheins unterteilen sie dabei in einzelne Zollregionen. Die römischen Rheinschiffe werden nach standardisierten Bauformen als Flösse oder Kähne aus ausgehöhlten Eichenstämmen hergestellt, teils mit Tierfellen überzogen, Ruder und Segel treiben an, außerdem wird getreidelt. Später ist – wie die Wände detailreich erzählen – die Geschichte der Rheinschifffahrt ein Auf und Ab, gegen ungerechtfertigte Zölle und Raubrittertum schließt Basel 1254 mit den Städten Mainz, Köln, Worms, Speyer und Straßburg den Rheinischen Städtebund, eine Kriegsflotte auf dem Rhein soll die Schifffahrt schützen, zwischen Mosel und Basel werden einhundert und unterhalb der Mosel fünfhundert Schiffe mit Bogenschützen bereitgestellt. Gesellschaftliche und religiöse Entwicklungen haben Auswirkungen auf die Rheinschifffahrt, so führt z.B. das Basler Kirchenkonzil 1431-1448 zu Auftrieb wie auch die Zeit der Glaubensflüchtlinge aufgrund der Gegenreformation in Frankreich und Italien (kapitalkräftige Kaufleute siedeln sich an, betätigen sich als Großhändler und Spediteure, Basel ist internationales Zentrum der Seidenbandindustrie).
Stopp – unmöglich kann ich mir beim ersten Besuch alles einverleiben, sonst bekomme ich noch Verdauungsschwierigkeiten. Lassen wir lieber entspannt die Augen schweifen auf Schiffs- und Hafenmodelle, auf Knotenvariationen, Fotografien und Landkarten. Und auf das erste Rheinschifferpatent vom 3.Dezember 1924, das nicht nur die „Schiffsgattung, deren Führung hiermit gestattet wird und die Rheinstrecke, auf welcher der Besitzer des Patents zu fahren befugt ist“, sondern auch diesen Besitzer unverwechselbar beschreibt: Geburtsdatum 26.Januar 1880, Gestalt: schlang, Grösse: 177cm, Haare: braunmeliert, Stirne: mittelhoch, Augenbrauen: braun, Augen: braun, Mund: mittelgross, Gesicht: rund, besondere Kennzeichen: Warze an der rechten Wange, Narbe an der linken Halsseite.
Will ich jetzt mit dem fahren? Oder such‘ ich mir einen anderen Rheinschiffer aus? Mit dem ich ans nahe Meer fahre, wo gerade Sonnenglimmer mit Wellen spielt, die der Wiesentalbach in den Strom schickt und wo sich von einer Sandoase noch Sommerklänge in den frischen Wind fädeln?
