Ankunft

Sie ist angekommen, gelandet im Hybridflughafen, der schon neue Größe propagiert, aber die Reisenden noch durch gedrängte Gänge führt. Die Fahrt vom Rollfeld bis zum alten Flughafengebäude kommt ihr lang vor, in der Ferne sieht sie die Glasfronten des neuen Gebäudes im Morgenlicht. Bis zum Beginn der Tagung ist noch Zeit, sie muss sich nicht beeilen, nur orientieren und ohnehin erst zur Toilette. Sie folgt der Markierung auf dem Boden, die um viele Ecken zum Ausgang weist, sie geht nicht rasch, auch nicht langsam, den Trolley zieht sie hinter sich her, die kleine Handtasche hat sie umgehängt. Hinter einer weiteren Biegung verpasst sie nicht das Toilettensymbol, sie betritt den engen Raum, dann die Kabine, sie mag nicht, dass man in dieser Jahreszeit so viel ablegen muss, oft gibt es nicht einmal einen Haken, an den sie Jacke und Tasche hängen kann, und Dokumente, die sie in der Hand hält, finden nur auf dem Gehäuse der Klopapierrollen oder dem Mülleimerdeckel einen Platz.

Sie zieht die Jacke wieder an und den Reißverschluss nach oben, hängt die Handtasche quer über Schulter und Brustkorb, nimmt den Griff des Trolleys in die eine und die Dokumente in die andere Hand. Bei den Waschbecken ist sie plötzlich ganz allein und schaut erstaunt auf das weiße Rechteck, das sich quer über den Spiegel breitet und mit roten Großbuchstaben den neuen Namen des Flughafens beschwört, zwei Reihen rechteckiger Kacheln passen sich über den drei Waschbecken dem Rot an. Sie stellt den Trolley neben sich, legt die Dokumente ab, wäscht die Hände und hält sie in den Strom des Trockners, das Geräusch zerreißt mit der Stille ihre Gedanken, sie ist froh, als es endet.

Sie holt das Handy aus der Tasche, der neue Name will festgehalten werden, dann macht sie einen Schritt zur Seite und versucht, das Smartphone so ihrem Spiegelbild gegenüber zu positionieren, dass sie ein Ganzkörperfoto machen kann. Es gelingt, sie fängt sich ein, spiegelverkehrt, dann steckt sie das Handy wieder in die Tasche. Noch immer ist niemand im Toilettenraum, sie schiebt den linken Unterarm durch den Griff des Trolleys, nimmt die Dokumente in die linke Hand und öffnet die Tür mit rechts. Auf dem Gang eilen Einige vorbei, sie wechselt die Dokumente in die rechte Hand und zieht den Trolley wieder bequem mit der linken.

Sie freut sich auf die Tagung, sie muss nichts tun, nur zuhören und mitschreiben, am See entlang und zu den Mahlzeiten gehen. Jetzt hat sie den Ausgang des Flughafengebäudes erreicht, auf dem Vorplatz herrscht hektische Bewegung, Autos, Busse und Menschen geraten in alle Richtungen durcheinander. Sie sucht den Weg zum Bahnhof und findet ihn rasch, sie passiert die Unterführung und entlockt einem der Automaten eine Fahrkarte, dann steht sie auf dem Bahnsteig, atmet die Luft, die nicht nach Stadt riecht und lauscht dem kennzeichnenden Klang, in dem zwei Bahnangestellte sich unterhalten, die wie sie auf die Regionalbahn warten. Sie ist froh, die beiden zu hören, der Bahnsteig wirkt heruntergekommen und verlassen, sie zweifelt plötzlich daran, am richtigen Ort zu sein. Der Zug fährt ein, die Destination stimmt, eine Stunde fährt sie und betrachtet die flache Landschaft. Es ist bald Mittag und noch immer Zeit, der Tag hat eine Herbstwärme angenommen, sie setzt sich draußen in eines der Cafés der alten Garnisonstadt.

Da weiß sie noch nicht, dass sie sich wundern wird über fremde Worte, die das ‚Selbstporträt mit Trolley‘ charakterisieren. Treffende Worte. Worte, die sitzen. Worte, wie sie sie lange nicht gehört hat.