Ostermontag

In meiner Ausgabe des Evangelischen Kirchengesangbuches steht unter dem im Herrnhuter Losungsbüchlein für heute vorgeschlagenen Lied Nr.116 folgender Gebetstext der britischen Autorin Janet Morley:

O unvertrauter Gott, wir suchen Dich an Orten, die Du schon verlassen hast, und sehen Dich nicht, selbst wenn Du vor uns stehst. Gib, dass wir dich in Deiner Fremdheit erkennen und uns nicht an vertrauten Schmerz klammern, sondern frei sind, die Auferstehung zu verkünden, im Namen Christi, Amen.

Am 2.April habe ich einmal nachgedacht über

Maria aus Magdala:

Ach, mein Jesus, ich sehe dich nicht mehr. In deiner Nähe bin ich geblieben, bis zum Schluss.

Alles habe ich miterlebt, mit dir erlebt, seit du mich befreit hast aus meinen Zwängen und Ängsten, aus dem, was mich umtrieb und gefangen hielt. Ich spürte, mit dir konnte ich die sein, die ich eigentlich bin, eine Liebende, eine, die überfließend geben kann, weil ihr überfließend gegeben wurde. Weil du mir überfließend gegeben hast.

Ich wollte dein Leben teilen, von dir lernen, für dich sorgen, dir nahe sein und denen, die mit dir waren. Ich wollte dir nahe sein in Allem, auch in deinem Leiden, in diesem unfassbaren Geschehen. Und ich musste bei dir bleiben, auch bei deinem Grab, wenigstens dem Stein nahe, hinter den sie deinen Leichnam brachten.

Und nun? Sehe ich das Grab offen und dein Körper fehlt. Wo haben sie ihn hingebracht? Ich muss sofort zu Petrus und Johannes, vielleicht wissen sie, was zu tun ist.

Ach, da sind sie und schauen und jetzt gehen sie wieder und ich bin allein mit meiner Traurigkeit. Ich muss noch einmal nachsehen, aber nein, du bist nicht da, und wer ist das, diese zwei, die mich nun fragen, warum ich weine. Was für eine Frage. Sie sagen mir nicht, wo du bist.

Aber da, wer ist das, bestimmt der Gärtner, der muss es doch wissen und dann kann ich deinen Körper zurückholen.

Was, was sagt er?  – Maria!

Oh, wie wird es mir da ums Herz! Das ist, ja das ist so vertraut!

Ja, Rabbuni, ja, ich habe dich nicht mehr gesehen, aber jetzt höre ich dich! Du bist es, mein Jesus! Und nun sehe ich auch, wer du bist! Und ja, ich halte dich nicht fest, ich eile fort von dir und verkünde, was du gesagt hast. Und ich weiß, du bleibst mir dennoch nahe und ich dir.

(nach Joh. 20,1-18; Joh. 19,25; Lk. 8,1-3; Lk. 24,10; Mt. 27,55-56; Mt.28,1;Mk.15,40-41,47;Mk.16,1-4,9-11; im Gegensatz zu vielen Darstellungen in der Kunst ist Maria Magdalena nicht identisch mit der in Lukas 7 namenlos erwähnten Frau, die Jesu Füße mit kostbarem Salböl salbte)