Im Herrnhuter Losungsbüchlein (das übrigens im Friedrich-Reinhardt-Verlag Lörrach/Basel verlegt wird) firmiert der heutige Tag, protestantischen Traditionen folgend, unter „Beginn der Passionszeit“, welche sieben Wochen, bis zum Karsamstag, dauert. Mit der 40-tägigen Fastenzeit, die den „närrischen Tagen“ (der Fasnacht, dem Karneval) folgt, wird an den Zeitraum von Jesu Fasten in der Wüste erinnert (Mt.4,1-11)
Ich erinnere mich, dass wir zur Gymnasialzeit vor Beginn des Unterrichts am Aschermittwoch einen Gottesdienst hatten in der dem Gymnasium am Romäusring (Villingen) benachbarten katholischen Kirche St.Fidelis, alle Schüler konnten teilnehmen und das Aschekreuz empfangen.
In der Regio TriRhena ist mit dem Aschermittwoch längst noch nicht alles vorbei, sondern die Fasnacht gleitet über in die Buurefasnacht mit großen Umzügen am Sonntag, gefolgt von den drei scheenschte Dääg der Basler Fasnacht mit Auftakt am Montag, 10.März um 4 Uhr, wenn beim Glockenschlag der Martinskirche alle Lichter der Innenstadt erlöschen und auf das Kommando „Morgestraich – vorwärts, marsch!“ gleichzeitig alle Gassen und Straßen mit dem Klang von Trommeln und Piccolos der Formationen gefüllt und ins Licht der handbemalten Laternen getaucht werden. Bei der nachmittaglichen Cortège am Montag und Mittwoch nehmen große und kleine Cliquen, Ainzelmasgge, Gruppen, Guggen und Chaisen (Kutschen) teil und auch bei der Kinderfasnacht am Dienstag werden Zeedel (Handzettel), Dääfeli (Bonbons) und Räppli (Konfetti) ausgeteilt. Natürlich gibt es – wie auf deutscher Seite – auch Guggenkonzerte und Schnitzelbängg (in Versform verfasste Spottlieder). Erst am Donnerstagmorgen um 4 Uhr wird mit einem allerletzten Musikstück Frau Fasnacht verabschiedet.
Die Basler Fasnacht gilt als bedeutendste protestantische Fasnacht der Welt und allgemein als grösste Fasnacht der Schweiz, mit jahrhundertealter Geschichte, aus dem Jahr 1376 datiert das älteste erhaltene Dokument, frühere gingen beim großen Erdbeben 1356 verloren. 2017 wurde die Basler Fasnacht auf die Liste der immateriellen Unesco-Weltkulturerbe-Güter aufgenommen.
Am Wochenende nach Aschermittwoch beginnt zudem in der hiesigen Region die Zeit der Fasnachtsfeuer oder Schiibefüür, riesige Brennholzhaufen sind auf den Hügeln ringsum aufgetürmt, man prozessiert mit Fackeln und unter Musikbegleitung zu ihnen hinauf, die Zeitungen veröffentlichen die jeweils örtlichen Termine. Für das an den Feuern stattfindende Scheibenschlagen benötigt man kräftige und dennoch biegsame Haselnussstecken, um die glühenden Holzscheiben ins Tal zu schlagen mit dem Ruf „Schiibi,Schiibo! Wem söll die Schiibi goh?“ Der Landkreis Lörrach gibt der Hasel deswegen auf seinem Instagram-Account den Namen „Pflanze der fünften Jahreszeit“, erinnert an ihre reiche Kulturgeschichte und wirbt dafür, nicht nur ihre derzeit allgegenwärtigen männlichen, sondern auch die versteckteren weiblichen Blüten zu beachten.
Paul Revellio, geb.1957, aus meiner Klassenstufe, in den 80er Jahren Studium an der Hochschule der Künste Berlin bei Georg Baselitz u.a., befasst sich in seiner künstlerischen Arbeit neben seinen Glotzern, Spaghettiesserinnen, Badenden, Sekttrinkern etc. auch mit Narren bzw. Sujets der alemannischen, speziell der Villinger Fasnacht (s.Foto Kalenderblatt März 2025 Fasnacht in Villingen – Bürgerwehr; Eitempera).
