Das tut es, nachdem es sie ins Bächle geregnet hat (siehe Blogeintrag vom Vortag) :
„Es regnet Blümchen auf die Felder, es regnet Frösche in den Bach, es regnet Pilze in die Wälder, es regnet alle Beeren wach“ – sind Zeilen aus einem der Gedichte von Mascha Kaléko, die Etta Scollo im komplett ausverkauften Jazzhaus – ja, soll man sagen- singt? Es fällt schwer zu beschreiben, was genau Etta Scollo mit drei weiteren Frauen da macht mit den Texten von Mascha Kaléko, deren Todestag sich am 21.Januar 2025 zum 50. Mal jährte. Etta Scollo, ja sie singt, mit ihrer eigenwilligen Stimme, mit der sie unprätentiös jongliert zwischen leichter hoher Kopfstimme, tiefer kräftiger Bruststimme und manchmal einem gewollten Zerbrechen der Stimme. Aber sie singt nicht nur, sondern sie spricht auch, in verschiedenen Tempi, Rhythmen, Modulationen, Lautstärken. Sie folgt der Musik der Texte und fügt ihnen gleichzeitig eine eigene Textmusik hinzu. Und begleitet all das auf der Gitarre. Die Cellistin findet sich dazu nicht nur mit dem Cello ein, sondern spricht und singt bei manchen Texten auch, genau wie die Klarinettistin. Dazu noch eine Sprecherin, die Texte – zum Teil in „Wechselgesang“ mit Etta Scollo – liest, manchmal aber auch singt. Ein Wechselgesang findet auch zwischen den Sprachen statt, das Deutsche flicht sich ins Italienische, das Italienische ins Deutsche. Humorvolle Stellen, wie beispielsweise Beschreibungen von Bürosituationen (das Schreibmaschinengeräusch wird perfekt mit Fingertippen auf die Instrumente, auch auf die Klappen der Klarinette, imitiert) rufen herzliches Gelächter beim Publikum hervor und der Ausdruck, den Etta Scollo samt den drei weiteren Interpretinnen für die aus schwierigen oder leidvollen Erfahrungen gespeisten Texte findet, ergreift und bannt alle im Gewölbekeller. Zwei Jahre hat Etta Scollo an den Kompositionen gearbeitet, die Intensität, mit der sie sich dem Werk Mascha Kalékos widmet, überträgt sich auf die Zuhörerschaft, es graust einen vor den Kriegswirkungen, die im Text „Inventar“ zwischen den einfachen Worten verborgen sind und man ahnt, was Exil bedeutet im „Frühlingslied für Zugereiste“ : „Liebes fremdes Land/Heimat du, wievielte“. Im traurigen „Ausgesetzt“ ist man mit Mascha Kaléko und Etta Scollo gerettet in den beiden Zeilen „Auf nichts war Verlass./Nur auf Wunder.“
Es gibt außer dem kräftigen Beifall auch laute Bravo- Rufe für Etta Scollo, die sich in schwarzer weiter Hose, gefälliger einfacher weißer Bluse und mit schwarzer Baskenmütze auf dem dunklen Haar verbeugt mit den drei anderen Frauen, von denen die Klarinettistin in komplett schwarzem Outfit, aber mit cognacfarbenen Cowboystiefeln alle weit überragt, sogar ihre wirklich große Bassklarinette.
Und dann gibt es noch vor der letzten Zugabe (Wiederholung „Inventar“) persönliche und kluge Worte von Etta Scollo.
(An den verschiedenen Aufführungsorten arbeitet Etta Scollo mit verschiedenen Interpretinnen, in Italien hat sie das Projekt mit Maddalena Crippa zusammen verwirklicht; dem Jazzhaus Freiburg ist sie sehr verbunden, da ihre Tonträger vom Label des Jazzhauses „Jazzhaus Records“ produziert werden)
