Esercizi di Fantastica

Graue Herren wie bei Momo, auch wenn sie knielange, also kurze Hosen anhaben, dazu Kniestrümpfe und hohe Pelzmützen, die an diejenigen der britischen Palastgarde erinnern. Genau genommen zwei Herren und eine Dame. Eine Dame in einem grauen kurzen Rock. Mit Kniestrümpfen in Grau. Ein eintöniges Zimmer mit geschlossenem Fenster und geschlossener Tür. Die drei eilen um den Tisch, halten in den Händen die Handys und die Köpfe darüber gebeugt. Das ist der Kontakt, den sie haben, der einzige Kontakt, dem sie sich beugen. Der auch den Takt vorgibt. Einen schnellen Takt.

Dann flattert plötzlich etwas herein, das sie nicht (mehr) kennen, ein Schmetterling, ein großer und roter Schmetterling. Was ist das? Sie müssen erst einmal ihre Handys befragen. Aha :“butterfly“. Butterfly? Butterfly! Mit dem Flattern erreicht eine luftige Musik das bleierne Stummsein und zögerlich, aber unaufhaltsam beginnt die Verwandlung. Noch unbeholfen zunächst, dann zunehmend gelenkiger entfalten sich andere Bewegungen außer scrollen, wischen und tippen. Erstaunt schauen zwei sich an, geraten sich versehentlich in die Arme beim Haschen nach dem Schmetterling. Der dritte (ver)weigert sich : no butterfly, butterfly no. No! Aber die Butterfly-Wirkung hält an, das zugeschlagene Fenster wird immer wieder geöffnet, schließlich der Raum verlassen, Bewegungen und Bewegtheit nehmen zu, tanzen, springen, purzeln, klettern, alles ist möglich und wird probiert. Hören können die Grauen plötzlich auch, hören und fühlen, den Sturm, das Gewitter, das Flattern des Schmetterlings, auch der öde Raum gerät in Bewegung, ist eine Bretterbude, ein Klettergerüst, ein Zelt, und endlich ist auch der dritte Graue dem Butterfly verfallen und alle drei fliegen mit bunten Schwingen, die sie von der Außenhaut des Raums gelöst haben, Schwingen in Blau, in Gelb und in Rot, wie der groß gewordene Jemand richtig bemerkt.

Der groß gewordene Jemand, der seit Kurzem Gemaltes mit den Buchstaben seines Namens signiert, ist gerade groß genug geworden für das Bühnenerlebnis, und er und die nonna lachen so richtig laut um die Wette. Als schließlich in der letzten Szene der ganze Saal in tanzende Lichtreflexe getaucht und die Musik mitreißend rhythmisch wird, die öden Wände des Raums kunterbunt und die ehemals Grauen frühlingshaft verwandelt sind, fragt ein groß gewordener Jemand : „Und was kommt jetzt?“

(Burghof Lörrach)