„Der Rhein springt in kinderglücklichem Eifer von seiner königlich hohen Wiege herab, wird bald von den tollen Knabenspielen schmutzig und unlustig vom Schleppen der vielen runden Steine, die ihm erst als geliebtes Spielzeug dienten. Der Bodensee scheint nur eben für ihn gefüllt mit hellem Wasser, in das des Himmels Bläue fällt, und der Knabe Rhein schwingt sich jauchzend in die große Wanne, denn er schämt sich plötzlich seines schmutzigen Antlitzes und lässt auch seinen Spielkram im Bade zurück. Strahlend gleitet er aus dem See, erfrischt und mit gebändigter Kraft; er will Mann sein. Nach dem tollkühnen Sprung bei Schaffhausen verliert er auch die letzte knabenhafte Wildheit. In besonnener Eile fließt er weiter und beschaut in seinem Spiegel die Ufer. Mit einem Mal möchte er seinen Gang verlangsamen; an seinen glänzenden Leib schiebt sich ein wunderschönes Gelände. Er leuchtet mit tausend Wellenaugen hinüber, es gefällt ihm so sehr, dass er mit Herrschergebärde seinen Weg nach Norden umbiegt, weil er dem schönen Gefilde möglichst lange nahe sein will. Leise braust Leidenschaft über ihn hin. Und siehe da: aus lieblichem, breitem Tal inmitten des Gartens klingt ein silbernes Lachen her, da springt ihm die Wiese entgegen, seine junge Braut. Er nimmt sie in sein leuchtendes Bett zu zweisam-verströmender, segensvoller Kameradschaft und segnet das Heimatland seiner Wiese und grüßt zu ihrem königlichen Vater hinauf, dem stolzen, dunklen Feldberg, und zum Hüter des großen Gartens hinüber, dem hohen Blauen. Der hebt sich im Osten aus den wuchtigen, hingelagerten Massen des Schwarzwaldes heraus im blauen Dunkel seiner ernsten Forste. Gleich einem tiefen, alle Harmonien in sich vollendenden Klang ruht er in dem heiteren Spiel der Landschaft.“ ….

Soweit einmal das Zitat aus der Nummer 26 der Heimatblätter „Vom Bodensee zum Main“, herausgegeben vom Landesverein Badische Heimat, erschienen 1924 im Verlag C.F.Müller, Karlsruhe. Mit dem Kapitel „Auftakt“ leitet der badische Heimatautor und Volkskundler Hermann Eris Busse (1891-1947) seine Schrift über den Ötlinger Maler Hermann Daur (1870-1925) ein, er beendet sie mit „Ausklang“, dazwischen finden sich die Kapitel Jugendzeit, Lehr- und Wanderjahre (hierunter die Abschnitte Basel, Karlsruhe, Furtwangen; Auf der Kunstschule; Dachau, Duhnen), Meisterschüler bei Hans Thoma und Ötlingen.
Die Sprache sei halt überschwänglich und fast kitschig, sagt die umsichtige und freundliche Dame, die das kleine Museum der Dorfstube Ötlingen an der Adresse Zur Alten Schmiede 9 freiwillig betreut, als sie am Ende ihrer Erzählungen über Hermann Daur eines von zwei Exemplaren des Heimatblattes Nr.26 zum Kauf anbietet. Ich mag sowas, sage ich, und erwerbe das Heft, zumal es mir in Abbildungen und Text eine Fortsetzung und Vertiefung dessen bietet, was ich inzwischen über den Markgräfler Maler erfahren habe. Die Dame hatte sich darum gekümmert, dass in unmittelbarer Nähe des Ötlinger Malateliers von Hermann Daur und im Ambiente seiner Zeit auch die Dorfstube eine Ausstellung seines Lebens und Wirkens anlässlich seines 100.Todestages anbieten kann. Und so sieht man in Schlaf- und Arbeitsstube neben altem Mobiliar auch einige von Daurs Landschaftsgemälden, Postkartenzeichnungen und Portraits seiner aus Duhnen bei Cuxhaven stammenden Frau Margarete, die ihren Mann um 30 Jahre überlebte. Nach Lebensstationen als Witwe bei ihrem ledigen Bruder in Heidelberg und bei einer Freundin in Cuxhaven wurde sie post mortem wieder nach Ötlingen verbracht und dort auf dem Tüllinger Hügel an der Seite ihres Mannes beerdigt. Die Duhnener seien übrigens neidisch, dass Hermann Daurs Blicke auf Ötlingen (wo er 20 Jahre lebte) heute noch ziemlich unverändert nachzuschauen sind, weiß die Museumsdame zu berichten, im Gegensatz zu seinen Ansichten rund um Duhnen. Die wenigen BesucherInnen, die aber die Räume der Dorfstube gut ausfüllen, hören noch so einige Anekdoten und Begebenheiten, auch dass man einmal gemeinsam mit der jetzigen Wirtin im Gasthaus das Essen nachgekocht habe, das der Markgräfler Maler dort zu speisen beliebte.

(Dorfstube Ötlingen, Öffnungszeiten März bis Oktober sonntags 15 bis 17 Uhr, Eintritt frei, Spende willkommen; Träger Stadt Weil am Rhein, Verein zur Förderung der Dorfstube Ötlingen e.V.; Sonderöffnungen und Rahmenprogramm wie z.B. Schmieden unter www.museen-weil-am-rhein.de)
(zu Hermann Daur siehe auch Blogeintrag vom 10.Oktober 2025)
