Am vorletzten Tag der Sommeröffnung bringt der Nachmittag eine ausreichende Wärme zustande, so dass ich nach kurzer Strecke mein Rad an einen der vielen Metallständer schließe, die in Reihe und fast völlig verwaist auf ihre Bestimmung warten, ich kann nur einen erlösen. Im Eingangsbereich des Naturbades erreicht mich sofort der Duft des Lärchenholzes, keine anderen Gerüche verfälschen ihn, heute ist es wirklich einzig mein Gartenbad, die Wasserfläche liegt unberührt, es ist ganz still, nur die kleine Fontäne im Kinderbecken singt ihr rauschendes Lied. Auf den Holzbohlenstegen rennen keine nackten Füße, nur Ameisen folgen den ihnen eigenen inneren Befehlen. Keine neongelben Westen stören die Braun- und Grüntöne, die eine changierende Himmelsfarbe überdacht. Die Sonnenschirme eifern den schmalen, hohen Zedern am Wiesentalbach nach, sie haben ihre Streben und das darüber gespannte Segeltuch eng an den Stamm geschmiegt und wachsen aufrecht in die Höhe. Die Anzeigetafel vor den Garderoben leuchtet mit roten Ziffern, Luft 25,1 Grad, Wasser 19,3 Grad, Uhrzeit 15:36 Uhr, ich wage ein Zerteilen der Wasserfläche, außer mir schwimmen nur die Seerosen, die ihre pastellgelbe Blütenfülle geöffnet halten. Die Bewegungen meiner Hände rufen lauter kleine Blasen auf der Wasseroberfläche hervor, halte ich aber inne, beruhigt sich das Bild und ich kann mit dem Atem konzentrische Ringe ins Wasser pusten, als hätte ich einen der kleinen Kieselsteine geworfen, die im Nichtschwimmerbecken die Fußsohlen traktieren und zwischen den Zehen hängen bleiben. Der bronzene Pelikan bewacht ganz alleine die Stufen, auf denen heute keine Kinderfüßchen ins Wasser tasten, zwei Blässhühner genießen die Stille und probieren ein Versteck im Schilf. Als die Sonne plötzlich kräftig durchs Grau der Wolken bricht, züngelt ein grünes Lichtband an der Unterseite des Einmeterbretts und belebt das Ensemble des Sprungbeckens, dem heute das Platschen fehlt, im Schwimmerbecken ziehe ich ausdauernd meine Bahnen und sehe den glatten Grund, über den nun ein fluoreszierendes Gitternetz wabert. Die Helligkeit entzündet auch das Metall der Wasserrutsche zu silbrigem Strahlen, einzig ein dünner Wasserfilm hält die korrekte Position und folgt dem Silberglanz flüssig hinab. Als die roten Ziffern auf 23,0 Grad Luft- und 19,1 Grad Wassertemperatur sinken, die Uhrzeit aber dem Abend entgegensteigt, habe ich das Becken verlassen, in das nun doch noch eine Handvoll Unentwegte gestiegen sind. Wie durch ein Megaphon dringen Laute an mein Ohr, das Eintauchen kraulender Arme, das Luftholen auftauchender Köpfe, ein paar übers Wasser geworfene Worte. Dann überzieht den Himmel wieder geschlossenes Grau, die Kassiererin hat bereits eine Kette vor den Zugang zur Dachterrasse gespannt, und während ich den Ausgang passiere, schlüpfe ich in eine Strickjacke, es ist kühl.
